Die Klage ist unbegründet. Die im Streitjahr 2004 mit den Elektroscootern erzielten Umsätze unterliegen dem Regelsteuersatz.
Gem. § 12
Abs. 2
Nr. 1 und 2 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 Prozent für die Lieferungen und die Vermietung der in der Anlage 2 zum UStG, bezeichneten Gegenstände. Ermäßigt besteuert werden nach der Laufenden Nummer 51 (Zolltarif Position 8713) der Anlage Rollstühle und andere Fahrzeuge für Behinderte, auch mit Motor oder anderer Vorrichtung zur mechanischen Fortbewegung.
Die vom Kläger gelieferten
bzw. vermieteten Elektroscooter sind kein "anderes Fahrzeug für Behinderte" im Sinne der Anlage 2.
Dies ergibt sich allerdings nicht zwingend aus dem Umstand, dass nach den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (KN) zu Unterposition 9000 der Position 8713 nicht zu den begünstigten Fahrzeugen motorbetriebene Scooter ("mobility scooter") gehören, die mit einer separaten beweglichen Lenksäule ausgestattet sind.
Die Anlage 2 verweist zur Abgrenzung auf den Gemeinsamen Zolltarif der Europäischen Gemeinschaft, dem die KN des Harmonisierten Systems (
HS) zur Bezeichnung und Codierung der Waren zu Grunde liegt. Dazu gibt es Erläuterungen, die für das
HS vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens - heute Weltzollorganisation - sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden und ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Positionen darstellen (EuGH Urteil vom 7. Oktober 2004 Rs C-379/02 - Imexpo Trading A/S - BFH/NV 2005, Beilage 1, 30; BFH Urteil vom 9. Februar 2006 V R 49/04, BStBl. 2006, 694).
Der Senat kommt im Ergebnis jedoch zum selben Auslegungsergebnis wie die Erläuterungen zur KN. Abzustellen ist darauf, ob das zu beurteilende Fahrzeug bauartbedingt auf die Nutzung durch Behinderte zugeschnitten ist; das Fahrzeug muss speziell zum Befördern von Behinderten gebaut worden sein (ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 13. Mai 2003 5 K 7299/00 U,
EFG 2003, 1203). Entscheidend ist damit die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs, nicht aber die konkrete Nutzung im Einzelfall durch einen Behinderten oder Nichtbehinderten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach Fahrzeuge "für" Behinderte begünstigt sind, nicht aber Fahrzeuge "eines" Behinderten.
Die drei im Streitjahr 2004 veräußerten Fahrzeuge sind nicht mit besonderen Vorkehrungen versehen, die bewirken, dass sich die Fahrzeuge nahezu ausschließlich zur Nutzung durch Behinderte anbieten. Als Nutzer kommen ebenso ältere, aber nicht behinderte Menschen in Betracht. Verstellbare Sitze, Rückenlehnen, Armlehnen und Lenksäulen, Kopfstützen, Aufprallschutz, und Rückspiegel sind Ausstattungen, über die fast jedes Kraftfahrzeug verfügt, jedoch keine spezifisch behindertenbezogene Ausstattungsmerkmale. Auch der Stockhalter im Falle des an Herrn K veräußerten Scooters macht das Fahrzeug noch nicht zu einem Behindertenfahrzeug, weil es sich einerseits nur um ein unwesentliches Ausstattungsdetail handelt, das dem Fahrzeug nicht das Gepräge gibt, zum anderen der Stockhalter auch zum Transport eines Spazierstocks oder Regenschirms verwendet werden kann.
Der Kläger kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, die Ausgrenzung der Elektroscooter aus dem Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes verstoße gegen den Gleichheitssatz des
Art. 3
Abs. 1
GG, weil es kein sachgerechtes Differenzierungskriterium für die unterschiedliche Behandlung von Elektroscootern und Rollstühlen gebe. Vielmehr ist es gerade im Hinblick auf die Wahrung der Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer sachgerecht, die Ausnahmeregelung des § 12
Abs. 2
Nr. 1 UStG
i.V.m. Lfd.
Nr. 51 der Anlage 2 auf die Lieferung solcher Gegenstände zu beschränken, die ausschließlich für die Nutzung durch Behinderte bestimmt sind und deren Kosten durch die Krankenversicherungen regelmäßig erstattet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136
Abs. 1 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Verlaufe des Klageverfahrens der Klage teilweise stattgegeben und sich damit der Streitwert für die weiteren Verfahrenskosten gemindert hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151
Abs. 3 FGO
i.V.m. §§ 708
Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (
ZPO).