Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Elektro-Rollstuhl der 10
km/h-Version. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V i. d. F. des Gesetzes vom 19.06.2001 haben Versicherte einen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4
SGB V durch
Rechtsverordnung ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch.
Die von der Klägerin begehrte Versorgung mit einem Elektro-Rollstuhl der 10
km/h-Version scheitert an der fehlenden Erforderlichkeit. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die stärkere Motorversion, "um ihre Behinderung auszugleichen". Dieser in § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V genannte Zweck des Behinderungsausgleichs eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet auch nach Inkrafttreten des
SGB IX (§ 31
Abs. 1
Nr. 3
SGB IX) nicht, dass nicht nur die Behinderung selbst, sondern auch sämtliche direkten und undirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach wie vor die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation bleibt Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -
BSG - (
vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nrn. 31 und 32; Urteile des
BSG v. 23.07.2002 -
B 3 KR 3/02 R -, vom 21.11.2002 -
B 3 KR 8/02 R - und vom 26.03.2003 -
B 3 KR 23/02 R -), der sich der Senat anschließt, gehören zu derartigen Grundbedürfnissen die allgemeinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auch die Aufnahme von Informationen, Kommunikation mit anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens ( Schulwissens) umfassen (
vgl. zum Ganzen
BSG Breithaupt 1999, 408 = SozR 3 - 2500 § 33
Nr. 29
m. w. N.; Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 23/02 R -).
Auch das Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung bislang immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat das
BSG in seiner Entscheidung vom 08.06.1994 (
3/1 RK 13/93 = SozR 3 - 2500 § 33
Nr. 7) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später hat das
BSG das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (
vgl. Urteil vom 16.09.1999 - B 3 RK 8/98 R = SozR 3 - 2500 § 33
Nr. 31). Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden, die hier jedoch nicht vorliegen (
vgl. dazu
BSG Urteil vom 16. April 1998 -
B 3 KR 9/97 R = SozR 3 - 2500 § 33
Nr. 27).
In Ansehung dieser Grundsätze hat die Klägerin nur Anspruch auf solche Hilfsmittel, die ihrem Grundbedürfnis "Bewegungsfreiheit" im Sinne des genannten Basisausgleichs dienen. Diesen Zweck erfüllt bereits der Rollstuhl in der Standardausführung (6
km/h-Version). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine besonders schnelle Fortbewegungsmöglichkeit, die sich etwa hinsichtlich der zurückzulegenden Entfernung und der Schnelligkeit bei der Fortbewegung an einem Radfahrer orientiert (
vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 30.01.2002 -
L 4 KR 12/01 -). Vielmehr ist vergleichend der Fußgänger heranzuziehen, dessen Tempo beim Zurücklegen eines Weges üblicherweise 6
km/h nicht übersteigt. Der Senat verkennt nicht, dass der stärker motorisierte Rollstuhl größere Bewegungsfreiheit erschließt, zu dem von der Beklagten auszugleichenden Grundbedürfnis zählt dies indes nicht, auch ergibt sich diesbezüglich kein begründeter Hinweis auf eine medizinische Notwendigkeit.
Entgegen dem SG führt die Wohnsituation der Klägerin und die damit verbundenen Wegstrecken, die die Klägerin für ihre Besorgungen und Arztbesuche zurücklegen muss, zu keiner anderen Beurteilung, denn diese Entfernungen werden üblicherweise mit einem Fahrrad oder Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt und gehen über den Nahbereich
bzw. die Entfernungen, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt, hinaus. Die Fortbewegung über den Nahbereich hinaus hat die Beklagte indes nicht zu versorgen. Damit sind auch behindernde Schneeverhältnisse in der Winterzeit, abgesehen davon, dass solche am Wohnort der Klägerin eher selten sind, nicht zu berücksichtigen.
Auf die Berufung der Beklagten war hiernach das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.