Die Berufung der Beklagten ist statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151
SGG). Sie ist allerdings nach Maßgabe des Urteilstenors nur zum Teil begründet, im Wesentlichen aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf ein Lese- Sprechgerät mit einer 40zeiligen Braillezeile gegenüber der Beklagten hat. Es ist ihr allerdings erst zu gewähren, wenn sie sich einen eigenen Rechner - der als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen ist und von der Beklagten nicht zu leisten ist - zugelegt und damit die Voraussetzungen für dessen Ausbau und Ausstattung mit einem Lese-Sprechgerät mit einer 40-zeiligen Braillezeile geschaffen hat. Erst im Zusammenhang mit dem Rechner kann die Hilfsmitteleigenschaft der Braillezeile faktisch begründet werden. Hierbei geht der Senat außerdem davon aus, dass die Klägerin sich das hier streitige Hilfsmittel auch vertragsärztlich verordnen lassen wird (§ 73
Abs. 2
Nr. 7
SGB V). Insoweit dringt daher die Berufung der Beklagten durch.
Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Der von der Klägerin hilfsweise - erst im Berufungsverfahren - gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Es handelt sich hierbei - abgesehen davon, dass die Beklagte dem Hilfsantrag ohnehin zugestimmt hat - nicht um eine Klageänderung
i.S.d. § 99
SGG. Eine solche Klageänderung liegt beim hilfsweisen Übergang von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur Anfechtungs- und Feststellungsklage nicht vor (
vgl. § 99
Abs. 3
Nr. 3
SGG; Meyer-Ladewig,
SGG, 7. Aufl., § 99
Rdnr. 4, 4a). Denn die Klägerin begehrt mit dem Feststellungsantrag gegenüber der Vollverurteilung der Beklagten durch das Sozialgericht lediglich ein minus (Leistung unter einer Bedingung). Für diese Feststellung besteht ein Rechtsschutzinteresse. Der Feststellungsantrag ist auch begründet.
Versicherte haben nach § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V i.d.F. des
Art. 5 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom 19. Juni 2001 (BGBl.
S. 1046) Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4
SGB V ausgeschlossen sind. In allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung müssen auch Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen (Erforderlichen) nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12
Abs. 1
SGB V). Hiernach hat die Beklagte unter der Bedingung, dass die Klägerin einen häuslichen Rechner zur Verfügung hat, ein Lese- Sprechgerät mit 40zeiliger Braillezeile zu bewilligen.
Nach den Urteilen des
BSG vom 16. April 1998 (
B 3 KR 6/97 R, aaO) und vom 21. November 2002 (B 3 KR 4/02 R, ZfS 2003, 146 = Die Leistungen Beilage 2003, 134), denen sich der Senat anschließt und auf die er Bezug nimmt, stellt eine Braillezeile ein "anderes Hilfsmittel" iSd § 33
Abs. 1 Satz 1
SGB V dar, das eine Behinderung ausgleichen kann. Es ist von den Krankenkassen als Behinderungsausgleich grundsätzlich allen blinden Versicherten zur Verfügung zu stellen, die über einen häuslichen
PC verfügen und diesen selbst bedienen können, wenn sie zur Befriedigung ihres allgemeinen Grundbedürfnisses auf Information Schriftstücke und Texte mit Hilfe der Braillezeile "lesen" möchten, die meinem Lese-Sprech-Gerät nicht, unzulänglich oder nur mit unzumutbarem Aufwand erfasst und in verständliche Sprache umgesetzt werden können. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Insbesondere dient die Braillezeile vorliegend dem Behinderungsausgleich. Dass die Klägerin einen
PC selbst bedienen kann, ergibt sich sowohl aus der Stellungnahme der Schule für Blinde und Sehbehinderte vom 12. Mai 1999 als auch aus den Einlassungen der Klägerin und ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Es ist auch glaubhaft, dass die Klägerin mittels der Braillezeile, deren Bedienung sie ebenfalls erlernt hat, ihr allgemeines Grundbedürfnis auf Information im vorgenannten Sinne, auch im erforderlichen zeitlichen Umfang ( nach
BSG vom 23. August 1995 -
3 RK 7/95, SozR 3- 2500 § 33
Nr. 16 = SGb 1996, 547 für ein Lese-Sprechgerät fünf Stunden wöchentlich), zu befriedigen beabsichtigt.
Ein Versorgungsanspruch mit diesem Hilfsmittel könnte daher - zumal die Klägerin als mit dem Umgang mit einem
PC vertraute Versicherte Schriftstücke und Texte der genannten Art (Briefe, Kontoauszüge, Telefonbücher, Telefonabrechnungen, Formulare, Prospekte
u. a.) auf Grund ihrer persönlichen Lebenseinstellung und Bedürfnisse sehr wohl und nicht nur in sehr geringem Umfang lesen möchte - nach dem
BSG (Urteil v. 21. November 2002,
B 3 KR 4/02 R, aaO) nur dann abgelehnt werden, wenn auf Grund des zwischenzeitlich eingetretenen technischen Fortschritts die heutzutage auf dem Markt befindlichen Lese-Sprech-Geräte, von denen die Beklagte der Klägerin eins angeboten (bewilligt) hat, so ausgereift und technisch vervollkommnet sind, dass die früher zu verzeichnende Schwächen dieser Geräte ganz oder nahezu vollständig beseitigt worden und dadurch Braillezeilen insoweit überflüssig geworden wären. Letzteres ist aber nicht der Fall. Die Beklagte selbst macht eine solche Entwicklung nicht geltend. Sie hat nichts vorgetragen, was den Schluss zulässt, dass auf dem Markt befindliche (geschlossene) Lese-Sprech-Geräte inzwischen so weit entwickelt sind, dass eine Braillezeile überflüssig - und damit unwirtschaftlich - ist. Eine solche Entwicklung ist für den Senat auch nicht erkennbar. Dafür gibt es keinen überzeugenden Anhalt. Vielmehr sind auf dem Gebiet der Reha- Technik bei den Schreib-/Lesegeräten für Blinde die Systeme mit Braillezeilen nach wie vor vorherrschend. Sie sind als Arbeitsplatzsysteme für den professionellen Einsatz und als "Krankenkassensystem" für den Privatbereich erhältlich (
vgl. etwa http:// www.novotech-gmbh.de/nt-reha.htm, abgerufen am 14. Februar 2005). Nach alledem war entsprechend dem Urteilstenor zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.
Der Senat hat die Revision
gem. § 160
Abs. 2
Nr. 1 oder 2
SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.