1. Der Bescheid der Beklagten vom 17.5.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.8.2002 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Leistungen zur Beschaffung von behinderungsgerechtem Wohnraum und Umzugshilfe zu gewähren.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten; im Übrigen sind die Kosten nicht zu erstatten.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen für den Erwerb eines Eigenheimes und Umzugshilfe.
Die 1962 geborene Klägerin leidet an einer progressiven Muskeldystrophie. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen (ua) der Nachteilsausgleiche "aG" und "B" anerkannt. Sie arbeitet halbtags als
Dipl.-Psychologin im Berufsbildungswerk des Heinrich-Hauses in Neuwied.
Im Dezember 2001 beantragte die seinerzeit noch in B-S wohnhafte Klägerin die Gewährung von Leistungen gemäß
§ 102 Abs 3 Nr 1 des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), nämlich eines Zuschusses zur Schaffung von behinderungsgerechtem Wohnraum und Umzugshilfe. Sie machte geltend, im Januar 2002 werde sie voraussichtlich mit dem Bau eines Einfamilienbungalows in C. (W-kreis) beginnen. Derzeit wohne sie in einer nur teilweise günstig gestalteten Mietwohnung. Das Bad sei überhaupt nicht rollstuhlgerecht, es müsse dringend ein behinderungsgemäßes Wohnumfeld geschaffen werden. Ihr Antrag beziehe sich auf die Gewährung von Leistungen in Bezug auf den behinderungsbedingten Mehraufwand des Neubaus. Die Planung des Grundrisses und Außengeländes sei an den
DIN-Normen für barrierefreies bzw altengerechtes Bauen orientiert. Einen Zuschuss bei der Pflegekasse habe sie bereits beantragt, ihr seien 5.000,00 DM zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes bewilligt worden. Seitens der Kreisverwaltung M. sei kein Zuschuss/Darlehen bewilligbar. Von der Hauptfürsorgestelle seien ihr für begleitende Hilfen im Arbeits- und Berufsleben im Rahmen des Schwerbehindertengesetzes (
SchwbG) im März 1994 bereits Leistungen bewilligt worden. Dem Antrag waren die Gehaltsabrechnung für Oktober 2001, ein Grundriss des Neubaus, der Hauptvertrag und eine Kopie des Schwerbehindertenausweises beigefügt. Im Antrag schilderte die Klägerin ferner im Einzelnen die behinderungsbedingt geplanten Maßnahmen.
Mit Schreiben vom 8.1.2002 bat der Beigeladene die Klägerin unter Hinweis darauf, dass im Jahr 1994 bereits Leistungen zur Anpassung von Wohnraum und seiner Ausstattung in Höhe von 53.500,11 DM aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gezahlt worden seien und dadurch die Zielsetzung der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erfüllt worden sei, um Mitteilung warum jetzt eine erneute Förderung begehrt werde. Er wies die Klägerin darauf hin, dass, sofern mit der begehrten Wohnungshilfe die Zielsetzung der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nicht tangiert sei, gemäß
§ 55 Abs 2 Nr 5 SGB IX das örtliche Sozialamt Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und in diesem Zusammenhang auch Wohnungshilfe erbringen könne. Außerdem ergebe sich aus den dem Antrag beigefügten Unterlagen, dass die Klägerin bereits durch die Auftragserteilung vom 19.5.2001 mit der Maßnahme begonnen habe, dies schließe eine Förderung durch den Beigeladenen aus.
Mit. Schreiben vom 16.1.2002 führte die Klägerin hierzu aus, ihre langsam fortschreitende Muskelerkrankung habe seit 1996 deutlich zugenommen, so dass sie in viel mehr alltäglichen Situationen technische und menschliche Unterstützung benötige. Auch die begleitenden Hilfen im Arbeits- und Berufsleben müssten dem Verlauf ihrer Behinderung angepasst werden, dieses Ziel werde mittlerweile nicht mehr erfüllt. Aufgrund einer erheblichen Mieterhöhung nach ihrer Heirat und dem Einzug ihres Mannes habe sie die damalige Mietwohnung in M verlassen müssen und habe nach intensiver langer Suche im Juni 1998 die Wohnung in B-S gefunden, die damals weitestgehend ihren behinderungsbedingten Einschränkungen entsprochen habe. Mittlerweile seien durch die langsame
Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes mehrere räumliche Bedingungen untragbar geworden. Hauptproblem sei das Badezimmer, welches mit dem Rollstuhl nicht zugänglich sei. Da sich ihre Geh- und Stehfähigkeit erheblich reduziert habe, sei für sie die Benutzung des Badezimmers alleine kaum möglich. Der Gehweg zu ihrem
Kfz-Stellplatz sei weder überdacht noch witterungsgeschützt, was das Ein- und Aussteigen mit dem Rollstuhl erschwere. Die notwendigen erheblichen baulichen Veränderungen seien in diesem Gebäude nicht realisierbar, zumal es sich um ein angemietetes Objekt handele. Deshalb habe sie sich entschlossen, selbst ein neues Haus zu planen, eine abermals hohe Investition von Zeit und Geld in eine weitere Mietwohnung wäre kurzsichtig. Im Mai 2001 sei zwar der schriftliche Auftrag zum Bau eines Einfamilienhauses erteilt worden, daraus ergebe sich aber nicht, dass mit der Maßnahme schon begonnen worden sei. Die behinderungsbedingten Details seien erst im Laufe der letzten Monate genauer geplant und im Einzelnen noch nicht konkret in Auftrag gegeben worden. Ausnahmen seien die bereits feststehende Bungalowbauweise und die wegen des Rollstuhlwendekreises größere Grundfläche. Vermutlicher Baubeginn werde Anfang Februar sein, bis zum Innenausbau vergingen noch einige Monate. Sie habe streng darauf geachtet, die Aufträge für die behinderungsbedingt erforderlichen Maßnahmen noch nicht zu vergeben, da ihr bekannt sei, dass eine finanzielle Beteiligung seitens der HauptfürsorgesteIle "vorher zu" beantragen sei; bei Bedarf könne eine entsprechende Bestätigung der Baufirma vorgelegt werden.
Mit Schreiben vom 5.2.2002 bat der Beigeladene die Klägerin um Darlegung, warum und wann sie aus der 1994 voll geförderten Wohnung im Haus ihres Vaters in M ausgezogen sei, um Vorlage eines ärztlichen Attests bezüglich der Verschlimmerung der Erkrankung seit 1994 und 1996 sowie um Mitteilung, welche baulichen behinderungsbedingten Maßnahmen bereits in dem erteilten Auftrag an die Firma H Massivhaus enthalten seien, wie hoch die behinderungsbedingt anfallenden Gesamtkosten seien und warum der Hausbau nicht von der Kreisverwaltung des W-kreises gefördert werden könne.
Mit Schreiben vom 22.2.2002 führte die Klägerin diesbezüglich aus, die Gründe für den Auszug aus der Wohnung in M. habe sie bereits in ihrem Schreiben vom 16.1.2002 und ergänzend in Telefonaten dargelegt. Ihre Erkrankung schreite langsam fort und verlaufe ohne Schübe. Deshalb sei es nicht möglich, einen aufschlussreichen medizinischen Bericht zu bestimmten länger zurückliegenden Zeitpunkten zu erstellen. Der medizinische Dienst der Krankenversicherung habe sie aufgrund der zugenommenen Pflegebedürftigkeit im Januar 1996 in die Pflegestufe I und im Mai 2000 in Pflegestufe II eingestuft. Im Auftrag an die Firma H seien elektrische Rolladenantriebe für Wohnzimmer und Schlafzimmer, eine extra flache Duschwanne 90x 90 cm, Schiebetüren im Wohn-/Esszimmer zur Küche sowie Küche zum Hauswirtschaftsraum, bodengleiche Versenkungen der Haus- und Terrassentürrahmen, Handhebelbedienung der Terrassentür, Berücksichtigung von Rollstuhlwendekreisen und die dadurch insgesamt erweiterte Wohnfläche enthalten. Mit diesen Maßnahmen sei noch nicht begonnen worden.
Der Bauleiter bemühe sich, den behinderungsbedingten Mehraufwand extra auszuweisen, der im Hauptvertrag bereits enthalten sei. Hinzu komme eine Reihe weiterer behinderungsbedingt notwendiger Ausstattungen, deren Kosten noch nicht komplett beziffert werden könnten. Landesdarlehen oder -zuschüsse seitens der Kreisverwaltung M könnten nicht bewilligt werden, da sie nicht das in den Richtlinien festgelegte Eigenkapital für einen Neubau besitze. Da sie noch keine 15 Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei, komme die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Kostenträger nicht in Betracht. Sollte eine andere Institution leistungspflichtig sein, bitte sie um Weiterleitung ihres Antrages an diese.
Nachdem der Beigeladene die Klägerin mit Schreiben vom 7.3.2002 bat, auch bei der Krankenkasse und dem Arbeitsamt entsprechende Förderungsanträge zu stellen, ersuchte die Klägerin den Beigeladenen mit Schreiben vom 19.3.2002 nochmals um Weiterleitung ihres Antrages an die in Betracht kommenden Rehabilitationsträger und legte weitere Kostenvoranschläge und Auflistungen bezüglich des behinderungsbedingten Mehraufwandes vor.
Mit Schreiben vom 20.3.2002 an die Beklagte übersandte das Integrationsamt dem Arbeitsamt M Kopien des Antrages der Klägerin und weitere Unterlagen und vertrat die Auffassung, da bei der Wohnungshilfe nach wie vor der Grundsatz gelte, dass die Rehabilitationsträger vorrangig Leistungen zu erbringen hätten, gemäß
§ 102 Abs 5 SGB IX die Integrationsämter die Leistungen nicht aufstocken dürften und gemäß
§ 33 Abs 8 Satz 1 Nr 6 SGB IX die Wohnungshilfe auch zu den Aufgaben der Rehabilitationsträger gehöre, werde gebeten, über den Antrag in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.
Nachdem die Klägerin mehrfach auf eine Entscheidung über ihren Antrag drängte, teilte ihr das Integrationsamt mit Schreiben vom 15.5.2002 mit, sie könne die behinderungsgerechten Ausstattungen für ihren Neubau jetzt bestellen. Vom lntegrationsamt werde keine Einrede der Bedarfsdeckung vorgenommen werden. Damit sei aber auch keine Anerkennung über die Notwendigkeit der Kosten oder eine Bewilligung von Leistungen verbunden. Da die Bewilligung der Leistungen von Seiten des Arbeitsamtes nicht gesichert sei und auch dort keine medizinischen Unterlagen vorlägen, werde die Barmer Ersatzkasse diesbezüglich angeschrieben.
Nachdem das Arbeitsamt M die Antragsunterlagen an das örtlich zuständige Arbeitsamt Koblenz weitergeleitet hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.5.2002 den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, die Beklagte sei nur dann für Wohnungsförderungsmaßnahmen zuständig, wenn die behinderungsbedingten Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erlangung bzw der Erhaltung eines Arbeitsplatzes stünden. Die Fördermöglichkeit der Beklagten könne sich nur auf behinderungsbedingte Mehraufwendungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beschränken. Für Maßnahmen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stünden, also Ausstattungen, die ausschließlich dem privaten Bereich zuzuordnen seien, könnten daher keine Aufwendungen vom Arbeitsamt übernommen werden. Der Antrag sei abzulehnen unter Hinweis auf die Rechtsvorschriften im
SGB IX. Gemäß
§ 6 Abs 1 Nr 2 SGB IX erbringe die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2
SGB IX) sowie unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen (
§ 5 Nr 3 SGB IX). Für Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, dazu gehöre auch die behinderungsgerechte Ausstattung der Wohnung bzw der Neubau eines behinderungsgerechten Hauses, seien ua die Träger der Sozialhilfe zuständig (§ 6 Abs 1 Nr 7
iVm § 5 Nr 4
SGB X).
Nachdem die Barmer Ersatzkasse dem Beigeladen ein medizinisches Gutachten übersandt hatte, vertrat das Integrationsamt mit Schreiben vom 11.6.2002 an das Arbeitsamt Koblenz die Auffassung, die von der Klägerin beantragten Leistungen seien auch von § 33
SGB IX als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfasst. Die Beklagte werde deshalb gebeten, auch im Hinblick auf die Verwaltungsabsprache zwischen den Rehabilitationsträgern und der
BIH vom 6.5.2002 ihre Entscheidung nochmals zu überprüfen. Danach würden Leistungen, wie sie die Klägerin beantragt habe, von den Rehabilitationsträgern im Rahmen ihrer Zuständigkeit erbracht, so dass die entsprechenden (nachrangigen) Hilfen der Integrationsämter nach § 102 Abs 3,Satz 1 Nr 1 d)
SGB IX in der Regel nur für Beamte und Selbständige erbracht würden.
Mit Schreiben vom 7.6.2002 erhob die Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.5.2002 mit der Begründung Widerspruch, die behinderungsbedingten . Maßnahmen beim Neubau des Bungalows stünden in direktem Zusammenhang mit der Erlangung und der Erhaltung ihres langjährigen Arbeitsplatzes. Die Ausstattungen seien ihrer Auffassung nach nicht rein dem privaten Bereich zuzuordnen. Um ihre Berufstätigkeit ausüben zu können, müsse sie schlafen, essen, die Körperpflege verrichten, das Haus verlassen, zum Auto gelangen
usw. Ihre jetzige Wohnung sei aufgrund des Fortschreitens ihrer Behinderung für sie nicht mehr zumutbar. Sie sei von anderer Stelle darauf hingewiesen worden, dass im Zuge der Klärung von Zuständigkeiten bei der Umsetzung des
SGB IX kürzlich vereinbart worden sei, dass für Leistungen, wie sie sie beantragt habe, künftig die Rehabilitationsträger aufkommen sollten. Ihr sei vom Integrationsamt schriftlich bestätigt worden, dass sie die einzelnen Posten bestellen könne und dies im Falle einer Zuständigkeit kein Hindernis bei der Kostenübernahme sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2.8.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, als Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin komme § 33
SGB IX in Betracht. Die dort genannten Leistungen umfassten insbesondere sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten, wobei hiervon auch Kosten der Beschaffung, der Ausstattung und der Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang umfasst seien. Die letztgenannte Modalität sei ausweislich der Gesetzesbegründung als Verallgemeinerung des bisherigen
§ 114 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III), mit dessen Ausführung die Beklagte beauftragt sei, gebildet worden.
Nach dieser Bestimmung sei seinerzeit eine Kostenübernahme bis zur Höchstgrenze im Ausnahmefall von 20.000,00 DM für die Beschaffung oder den Ausbau einer Wohnung möglich gewesen, wenn die Leistung für die berufliche Eingliederung erforderlich war und die Wohnung wegen Art oder Schwere der Behinderung besonderer Ausstattung bedurfte. Mit der Neuregelung im
SGB IX sei nach § 6 Abs 1 Nr 2
SGB IX die Beklagte als Rehabilitationsträger für Leistungen nach § 5
Nr. 2 und
Nr. 3
SGB IX bestimmt worden. Diese Leistungsgruppen umfassten die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben - wozu die Leistungen nach § 33
SGB IX zählten - und unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen.
Da neben der Beklagten für die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben auch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung, der Kriegsopferversorgung, der öffentlichen Jugendhilfe und der Sozialhilfe zuständig seien, sei aus der aufgezeigten historischen Entwicklung heraus die Gewährung von Leistungen durch die Beklagte auf die behinderungsbedingten Maßnahmen zu beschränken, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung bzw der Erhaltung eines Arbeitsplatzes stünden. Würden dagegen allein dem Gesetzeswortlaut folgend alle vorstehend aufgezählten Rehabilitationsträger gemäß der Regelung des § 33 Abs 8
SGB IX ohne sachliche Abgrenzung zur Leistungserbringung verpflichtet sein, würde eines der in der Gesetzesbegründung genannten wesentlichen Ziele, nämlich die Steuerung der Leistung der Rehabilitation und der Eingliederung behinderter Menschen unter Sicherung von Qualität und Effizienz, verfehlt. Es sei nach wie vor der sachliche Zusammenhang zu dem Aufgabenbereich des jeweiligen Rehabilitationsträgers maßgeblich. Im angefochtenen Bescheid sei zu Recht für die von der Klägerin begehrten Leistungen kein unmittelbarer Zusammenhang zur Teilhabe am Arbeitsleben gesehen worden. Der gegenteiligen Auffassung der Klägerin könne nicht gefolgt werden. Würde ihre Ansicht zutreffen, könnten letztlich jegliche Ausgaben für die Lebensführung - abgesehen vielleicht von reinen Luxusausgaben - der genannten Bestimmung zugeordnet werden. Diesem Kriterium würden nämlich bei einer derart weiten Betrachtungsweise sämtliche Dinge des täglichen Gebrauchs zugeordnet werden können. In diesem Sinne könne die Vorschrift jedoch nicht verstanden werden. Aufgrund dieser Überlegung bestehe über die hieraus dargestellte Unzuständigkeit der Beklagten auch in materieller Hinsicht kein Anspruch nach § 33 Abs 8 Nr 6
SGB IX auf Gewährung der begehrten Leistungen. Der generell zu fordernde Bezug zur Teilhabe am Arbeitsleben erfordere die Abgrenzung zu solchen Aufwendungen, die zwar behinderungsbedingt seien, aber nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsleben stünden. Ein derartiger unmittelbarer Zusammenhang könne bei keiner der von der Klägerin beabsichtigten baulichen Maßnahmen erblickt werden.
Mit der am 6.8.2002 eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Mit Beschluss vom 15.1.2003 hat das Gericht das Land Rheinland-Pfalz beigeladen.
Die Klägerin trägt vor, die Auffassung der Beklagten, die von ihr zu erbringenden Leistungen seien auf behinderungsbedingte Maßnahmen zu beschränken, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung bzw Erhaltung eines Arbeitsplatzes stünden, widerspreche dem klaren Wortlaut der Ziffer 6 des
Abs. 8 des § 33
SGB IX und entspreche offensichtlich auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Darüber hinaus widerspreche diese Auslegung auch § 2 Abs 2, 2. Halbsatz des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB I).
Die Klägerin trägt weiter vor, sie habe sich aufgrund der Verschlimmerung ihres Gesundheitszustandes entschlossen, behindertengerechten Wohnraum zu schaffen. Es sei absehbar gewesen, dass die Wohnung in B-S den Anforderungen künftig nicht mehr gerecht werden würde und auch einzelne Umbaumaßnahmen ein behindertengerechtes Wohnen nicht gewährleisten würden. Unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und tatsächlicher Aspekte habe sie sich dann zum Bau eines Einfamilienhauses entschlossen. Kurze Zeit später habe sie eine Bleivergiftung erlitten, die sich zusätzlich nachteilig auf ihren Gesundheitszustand ausgewirkt habe, sie habe hierdurch ihre Geh- und Stehfähigkeit verloren. Vor der erlittenen Bleivergiftung sei sie noch in der Lage gewesen, mit ihrem PKW selbständig zur Arbeit zu fahren. Dies sei seit Februar 2002 nicht mehr möglich. Der veränderte Gesundheitszustand habe die Einschränkungen in der Wohnung in B-S erhöht. Insbesondere die hygienische Versorgung sei nicht mehr gewährleistet gewesen. Auch habe sie die Verrichtungen im Haushalt nicht mehr ausüben können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Höherstufung in Pflegestufe II erfolgt. Die Beibehaltung der Wohnung in B-St hätte dazu geführt, dass sie bereits aus körperlichen und auch aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen wäre, ihre berufliche Tätigkeit als
Dipl.-Psychologin und Psychotherapeutin weiter auszuüben. Bei den Vermietern der Wohnung in B-S handelte es sich um ein älteres Ehepaar, beide seien schwerhörig, und das Haus sei "hellhörig". Infolge dessen sei ihr die nötige Erholung in ihrer Wohnung nicht mehr möglich gewesen. Das Haus in C liege in einem ruhigen Wohngebiet, und trotzdem weise es eine "Nähe" zum Arbeitsplatz auf. Deshalb habe sie sich für diesen Standort entschieden. Seit ihrem Einzug in das Objekt habe sich ihr psychischer Zustand stabilisiert. Sie habe sich ein Arbeitszimmer eingerichtet, in welchem sie auch Tätigkeiten erledigen könne, für die eine unmittelbare Anwesenheit am "Arbeitsplatz" nicht erforderlich sei. Der Bungalow sei vollständig ebenerdig, rollstuhl- und behindertenfreundlich gestaltet. Sie sei wieder in der Lage, sämtliche Tätigkeiten, die zur Aufrechterhaltung der normalen Lebensgestaltung erforderlich seien, auszuüben. Die Gesamtsituation gewährleiste, dass sie neben ihrem üblichen Haushalt und dem Familienleben auch in der Lage sei, ihre berufliche Tätigkeit weiterhin halbtags unverändert fortzuführen. Darüber hinaus sei zu ihrer familiären Situation noch auszuführen, dass sie verheiratet sei und eine 15-jährige Tochter habe. Auch insoweit würden nicht behinderungsgerechte Wohnverhältnisse zu einer erheblichen psychischen Belastung der gesamten familiären Situation führen; durch den Neubau habe dieser belastenden Situation entgegengetreten werden können.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.8.2002 aufzuheben und die Beklagte,
hilfsweise
den Beigeladenen, zu verurteilen, ihr Leistungen zur Schaffung von behinderungsgerechtem Wohnraum sowie Umzugshilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, entgegen der Auffassung der Klägerin bilde die gesetzliche Neuregelung keine derartig weitreichende Anspruchsgrundlage, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zustehe. Erst recht könne diese Betrachtung nicht aus § 2 Abs 2, 2. Halbsatz
SGB I hergeleitet werden. Die Beklagte sei nicht der zuerst angegangene Rehabilitationsträger. Die Klägerin habe sich mit ihrem Begehren zunächst an das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung gewandt. Von dort sei der Vorgang nach mehreren Schriftwechseln an das Arbeitsamt M gesandt worden, welches diesen mit Rücksicht auf den Wohnort der Klägerin an das Arbeitsamt K weitergeleitet habe.
§ 14 SGB IX sei daher vorliegend nicht einschlägig, zumal die Bestimmung keine Vorgabe für den Leistungsträger gebe, an den ein Vorgang aus Zuständigkeitsgründen weitergegeben worden sei. Die Zuständigkeit der Beklagten sei auch nicht nach § 102 Abs 5
SGB IX und der Verwaltungsabsprache gegeben. Diese Bestimmung im Rahmen des 6. Kapitels des 2. Teils des
SGB IX sei vorliegend nicht einschlägig. Das Kapitel regele nämlich die Zusammenarbeit der Integrationsämter und der Bundesanstalt für Arbeit, soweit der in
§ 101 Abs 1 SGB IX formulierte Programmsatz als Appell an die Arbeitgeber, ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben nachzukommen, nicht hinreichend erfüllt werde. Entsprechend betreffe auch die zitierte Verwaltungsabsprache vordergründig die Leistungen für arbeitsplatzausgestaltende Maßnahmen, wie Arbeitsausrüstung, Hilfsmittel zur Berufsausübung oder technische Arbeitshilfen. Im Übrigen habe die Beklagte sowohl im Ausgangsbescheid als auch im Widerspruchsbescheid eine inhaltliche Prüfung vorgenommen mit dem Ergebnis, dass der Klägerin die begehrten Leistungen auch materiell-rechtlich nicht zustünden.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, nur wirklich. behinderungsbedingte Mehraufwendungen, die darüber hinaus unmittelbar dem Zweck einer Förderung der Eingliederung schwer behinderter Menschen in das Arbeitsleben dienten, seien im Rahmen der Hilfe zur Beschaffung Ausstattung und Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung Leistungen nach § 102 Abs 3 Nr 1 d)
SGB IX iVm § 22 der Ausgleichsabgabenverordnung-Schwerbehindertengesetz (SchwbAV) durch die Integrationsämter grundsätzlich vorgesehen. Nach sachermittelndem Schriftverkehr seien die Antragsunterlagen an das Arbeitsamt M als Rehabilitationsträger abgegeben worden (§ 102 Abs 6
iVm § 14
SGB IX).
Die Zuständigkeit der Arbeitsverwaltung ergebe sich zum einen aus § 102 Abs 5
SGB IX iVm § 18 Abs 1 SchwbAV. Danach dürften Leistungen zur Wohnungshilfe durch die Integrationsämter nur erbracht werden, soweit Leistungen für denselben Zweck nicht von einem Rehabilitationsträger nach. § 6 Abs 1 Nr 2
SGB IX zu erbringen seien oder, wenn auf sie ein Rechtsanspruch nicht bestehe, erbracht würden. Außerdem ergebe sich die Zuständigkeit der Beklagten aus der Zuleitung der Antragsunterlagen an die Arbeitsverwaltung durch das Schreiben vom 20.3.2002 und der hieraus folgenden gesetzlich überantworteten, jedenfalls vorläufigen Entscheidungszuständigkeit nach § 14
SGB IX. Ferner ergebe sich die Zuständigkeit der Beklagten auch aus der Verwaltungsabsprache. In Ziffer 3 derselben sei ausgeführt, dass nach dem Grundsatz der Nachrangigkeit die Integrationsämter nur leistungspflichtig gegenüber den schwerbehinderten Menschen seien, bei denen die versicherungsrechtlichen oder sonstigen Voraussetzungen für die Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6
SGB IX nicht vorlägen. Daher könnten Leistungen durch die Integrationsämter in der Regel nur für Beamte und Selbständige erbracht werden, das Integrationsamt sei kein Rehabilitationsträger. Sofern bei der Abgabe des Antrages im März 2002 auf eine nach § 14
SGB IX zu beachtende Fristversäumnis erkannt werden sollte, sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte eine Sachentscheidung getroffen und damit ihre Zuständigkeit anerkannt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und des Beigeladenen Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.