Die Klage ist unbegründet.
Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr 2011 ist dem Grunde nach - allein dies ist streitig - rechtmäßig. Die Klägerin ist nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100
Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Betrieb der Blindenführhundeschule durch die Klägerin ist gewerbesteuerpflichtig.
1. Nach § 2
Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Die Klägerin führt einen Gewerbebetrieb, da sie selbständig, nachhaltig, mit der Absicht der Gewinnerzielung und unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr eine Betätigung ausübt, die weder als land- und forstwirtschaftliche noch als freiberufliche oder als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist (
vgl. § 15
Abs. 2 Satz 1 EStG, der insoweit auch für die Definition des Begriffs des Gewerbebetriebs in § 2
Abs. 1 GewStG gilt).
a. Die Ausübung einer selbständigen - nicht gewerbesteuerpflichtigen - Tätigkeit i.
S. von § 18 EStG unterscheidet sich vom gewerblichen Betrieb in der Regel dadurch, dass der Einsatz von Kapital gegenüber der geistigen Arbeit und der eigenen Arbeitskraft des Unternehmers in den Hintergrund tritt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31.5.2001 IV R 49/00, BStBl II 2001, 828). Charakteristisch und erforderlich ist die persönliche Arbeitsleistung des Berufsträgers (
vgl. BFH-Beschluss vom 20.8.2012 III B 246/11, BFH/NV 2012, 1959). Da aber einerseits ein Überwiegen geistiger Arbeit gegenüber dem Kapitaleinsatz auch in Gewerbebetrieben vorkommt und andererseits großer technischer Aufwand mit erheblichem Kapitaleinsatz auch bei freien Berufen angetroffen werden kann, kann die selbständige Arbeit i.
S. von § 18 EStG begrifflich auch nicht eindeutig durch das Merkmal der persönlichen Arbeitsleistung von der gewerblichen Tätigkeit abgegrenzt werden. Als zusätzliches Abgrenzungsmerkmal ist daher erforderlich, dass die in Frage stehende Tätigkeit in § 18 EStG ausdrücklich aufgeführt ist oder - sofern in § 18
Abs. 1
Nr. 1 und
Nr. 3 EStG keine abschließenden Aufzählungen enthalten sind - den gesetzlich genannten Tätigkeiten zumindest ähnlich ist (
vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 18
Rdnr. 6).
b. Im Streitfall liegen keine der in § 18
Abs. 1 EStG genannten Abgrenzungsmerkmale zu Gunsten einer selbständigen Tätigkeit vor. Die Klägerin ist weder unterrichtend noch erzieherisch - allein diese beiden die Freiberuflichkeit begründenden Merkmale kommen vorliegend in Betracht - tätig.
aa. Unterricht i.
S. von § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG ist die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen durch Lehrer an Schüler in organisierter und institutionalisierter Form. Auf den Gegenstand des Unterrichts kommt es hierbei nicht an (
vgl. BFH-Urteil vom 11.6.1997 XI R 2/95, BStBl II 1997, 687; Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 18
Rdnr. 83
m.w.N.; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 18
Rdnr. 49).
(1.) Soweit die Klägerin Hunden Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, durch die diese in den Stand gesetzt werden, als Blindenführhunde eingesetzt zu werden, liegt keine unterrichtende Tätigkeit im vorgenannten Sinne vor. Zwar bildet die Klägerin die Hunde für ihren späteren Einsatz aus und wirkt daher im sprachgebräuchlichen Sinne unterrichtend auf sie ein. Der Senat hält es im Sinne einer einschränkenden Auslegung des Tatbestands der freiberuflichen Tätigkeit allerdings für geboten, Unterricht gemäß § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG auf solche Tätigkeiten zu beschränken, in denen die Wissens- und Kenntnisvermittlung gegenüber "menschlichen Schülern" erfolgt, so dass grundsätzlich Unterricht an Tieren nicht zu freiberuflichen Einkünften führt (
vgl. ebenso Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 18
Rdnr. 83
m.w.N.). Hierbei wird keinesfalls verkannt, dass die - vom persönlichen Arbeitseinsatz getragene - Tätigkeit der Klägerin in erheblichem Maße sozialdienlich ist, sehbehinderten Menschen zu Gute kommt, die ausgebildeten Blindenführhunde als medizinische Hilfsmittel nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V anerkennt sind und der Verkauf der Hunde umsatzsteuerlich insoweit als privilegiert angesehen wird, als der ermäßigte Steuersatz von 7% zur Anwendung kommt (
vgl. § 12
Abs. 2
Nr. 1
i.V.m. Anlage 2 lfd.
Nr. 1 Buchst. k) des Umsatzsteuergesetzes). Allerdings handelt es sich nach Ansicht des Senats bei der "unterrichtenden Tätigkeit" i.
S. von § 18 EStG um einen Typusbegriff, der es insbesondere aus Gründen der sicheren Abgrenzung erlaubt, allein den Unterricht gegenüber Menschen als (gewerbe-steuerlich) privilegiert anzusehen.
(2.) Der Annahme einer unterrichtenden Tätigkeit i.
S. von § 18 EStG steht ferner entgegen, dass die Klägerin - im Gegensatz zu einem Lehrer - nicht explizit für die Erteilung von "Unterricht" entgolten wird. Gegenüber ihren Vertragspartnern, den jeweiligen Krankenkassen, steht sie nicht in einem dienstvertraglichen Verhältnis. Vielmehr veräußert sie zuvor selbst als Welpen erworbene Hunde, die sie durch persönlichen Arbeitseinsatz (Training) zu Blindenführhunden umqualifiziert und somit - bei technischer Betrachtung - veredelt hat. Der Leistungsaustausch zur Krankenkasse beruht somit auf einem Kauf-
bzw. Werkvertrag; dies erklärt auch die Gewährleistungsregelungen in § 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (
vgl. hierzu Homepage der Klägerin: www.fuehrhundeschule-haag.de). Es ist nicht erheblich, dass der überwiegende Teil des Veräußerungserlöses auf die zeitintensive Trainings- und Ausbildungsarbeit zurückzuführen ist und die hierauf entfallenden Kosten - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - gegenüber der Krankenkasse auch offenzulegen sind. Vielmehr handelt es sich insoweit lediglich um eine Rechnungsposition, die zudem nicht das tatsächlich absolvierte (individuelle) Training abbildet, sondern auf einer Mischkalkulation basiert.
(3.) Der Senat hat auch deutliche Zweifel, dass die Tätigkeit der Klägerin ab dem Zeitpunkt der Übergabephase unterrichtend i.
S. von § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG wird. Zwar vermittelt die Klägerin insofern gegenüber Menschen, nämlich den Sehbehinderten, Kenntnisse, Wissen und Fertigkeiten im Hinblick auf den Umgang mit den bereits ausgebildeten Blindenführhunden. Allerdings dürfte die Übergabephase im Wesentlichen auf die individuellen Bedürfnisse des sehbehinderten Menschen und dessen Umgebung zugeschnitten sein, was auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Klägerin während dieser Zeit regelmäßig - und zum Teil durchgängig - am Wohnort des Erwerbers verweilt. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für naheliegend, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht in der schulmäßigen Vermittlung eines allgemeingültigen Wissens- und Kenntnisprogramms erschöpft, sondern sie die individuelle Zusammenführung von Mensch und Tier anleitet und begleitet. Dies stünde einer unterrichtenden Tätigkeit in der Übergabephase entgegen (
vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 18
Rdnr. 83). Dies bedarf vorliegend allerdings keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst wenn die Klägerin in der Übergabephase unterrichtend i.
S. von § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG tätig würde, führte dies im Ergebnis nicht dazu, dass die Tätigkeit ganz oder teilweise als freiberuflich einzustufen ist. Übt ein Einzelfreiberufler eine gemischte Tätigkeit aus, sind die gewerblichen und die freiberuflichen Einkünfte ungeachtet sachlicher und wirtschaftlicher Bezugspunkte grundsätzlich getrennt zu ermitteln, jedenfalls sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist (
vgl. BFH-Beschluss vom 25.7.2000 XI B 41/00, BFH/NV 2001, 204). Besteht zwischen den Tätigkeiten dagegen ein sehr enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, kann eine einheitliche Beurteilung, d.h. die Annahme eines die gesamte Tätigkeit umfassenden Betriebs, geboten sein (Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 18
Rdnr. 17). Dies ist dann der Fall, wenn die Tätigkeiten derart miteinander verbunden sind, dass sie sich gegenseitig unauflösbar bedingen. Die Einkunftsart richtet sich dann danach, welcher Bestandteil - entweder der gewerbliche oder freiberufliche - das "Gepräge" gibt (
vgl. Wacker in Schmidt, EStG, 33. Aufl., § 18
Rdnr. 50
m.w.N.).
Im Streitfall liegt nach der Verkehrsauffassung ein einheitlicher - und gewerblicher - Betrieb einer Blindenführhundeschule vor. Zwar könnten die in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert ausgewiesenen Erlöse für den Verkauf der Führhunde sowie von Grundausstattung einerseits und die Erlöse aus der Einarbeitungszeit ("Übergabephase") und Nachbetreuung andererseits auf eine Trennbarkeit der Tätigkeiten hindeuten. Allerdings sind die vorgenannten Tätigkeiten der Klägerin untrennbar miteinander verwoben; eine Aufsplittung wäre künstlich und nach der Verkehrsanschauung nicht möglich. Der Betrieb einer Blindenführhundeschule umfasst mehrere Tätigkeitsphasen, beginnend vom Erwerb und der Ausbildung des Hundes, über die prozessbegleitende Zusammenführung von Mensch und Tier bis hin zur Gespannprüfung und Übergabe an den sehbehinderten Menschen. Dass die verschiedenen Phasen eng miteinander verzahnt sind, zeigt sich auch daran, dass bereits während der Zeit der (isolierten) Ausbildung des Hundes zum Führhund erste Kontakte zum angedachten späteren Hundehalter hergestellt werden.
Prägendes Element der Tätigkeit der Klägerin ist zur Überzeugung des Senats die Ausbildung des Hundes und eben nicht die sich hieran anschließende - vermeintlich - unterrichtende Tätigkeit des sehbehinderten Menschen. Denn erst die Ausbildung des Hundes zur Eignung als Blindenführhund gibt der Klägerin die Grundlage, diesen an den sehbehinderten Menschen zu übergeben. Hinzu kommt, dass die (isolierte) Ausbildung des Hundes deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als die vom Element des "Unterrichts" geprägte Zeit der Übergabephase. Schließlich gilt insofern auch zu berücksichtigen, dass die Erlöse aus dem Verkauf der Blindenführhunde - hierin sind insbesondere die Kosten der Ausbildung enthalten - sowohl im Streitjahr als auch in den vorangegangenen Jahren deutlich höher ausfielen als die Erlöse aus der Einarbeitungs- und Nachbetreuungszeit.
bb. Die Klägerin war auch nicht erzieherisch i.
S. von § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG tätig. "Erziehung" ist die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung von Kindern zu tüchtigen und mündigen Menschen. Dabei wird unter Mündigkeit die Fähigkeit verstanden, selbständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Erforderlich ist die Formung der gesamten Persönlichkeit, nicht nur die Schulung in Teilbereichen zwischenmenschlicher Beziehungen (BFH-Urteile vom 21.11.1974 II R 107/68, BStBl II 1975, 389; vom 11.6.1997 XI R 2/95, BStBl II 1997, 687). Eine Vorbildung und eine staatlich vorgeschriebene Prüfung sind für die erzieherische Tätigkeit nicht vorausgesetzt (BFH-Urteil vom 25.4.1974 VIII R 166/73, BStBl II 1974, 642). Zwar mag die Klägerin durch ihre Trainingstätigkeit im weiteren Sinne erzieherisch - prägend - auf die Hunde einwirken. Allerdings ist vorauszusetzen, dass Erziehung i.
S. von § 18 EStG gegenüber Menschen (insbesondere Kindern) ausgeübt wird. Hinzu kommt auch insoweit, dass die Klägerin letztlich nicht für eine erzieherische Tätigkeit gegenüber den Hunden entgolten wird, sondern für die Veräußerung eines charakterlich qualifizierten ("veredelten") Blindenführhunds.
cc. Die Klägerin übt - ertragsteuerlich betrachtet - auch keinen der unterrichtenden
bzw. erzieherischen Tätigkeit "ähnlichen Beruf" i.
S. von § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG aus. Denn die Ähnlichkeitsalternative bezieht sich lediglich auf die im Gesetz aufgezählten Katalogberufe, zu denen die unterrichtende sowie erzieherische Berufstätigkeit nicht gehört (
vgl. Lambrecht in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 18
Rdnr. 82; Hutter in Blümich, EStG, § 18
Rdnr. 157; Brandt in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, § 18
Rdnr. 215).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135
Abs. 1 FGO.
3. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder über den entschiedenen Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 115
Abs. 2
Nr. 1 FGO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH (§ 115
Abs. 2
Nr. 2 FGO). Zwar fehlt es - sofern ersichtlich - bislang an einer Entscheidung des BFH, ob eine unterrichtende
bzw. eine erzieherische Tätigkeit i.
S. von § 18
Abs. 1
Nr. 1 Satz 2 EStG zwingend eine Tätigkeit gegenüber Menschen voraussetzt oder ob derartige Tätigkeiten auch gegenüber Tieren mit der Zweckrichtung erbracht werden können, diese sozialdienlich gegenüber Menschen einzusetzen. Allerdings wird in diesen Fällen das qualifizierte/"veredelte" Tier regelmäßig weiterveräußert, so dass der Schwerpunkt der Tätigkeit gewerblicher Natur ist.