Urteil
Feststellung eines Bandscheibenvorfalls als Folge einer Berufskrankheit - Minderung der Erwerbsfähigkeit

Gericht:

LSG Hessen 3. Senat


Aktenzeichen:

L 3 U 248/07


Urteil vom:

29.10.2013


Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. Juli 2007 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Mai 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2004 verurteilt, bei der Klägerin einen Bandscheibenvorfall bei L5/S1 als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen und der Klägerin Rente nach einer MdE von 20 v.H. ab 3. April 2003 zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin streitet um die Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit (BK).

Die 1972 geborene Klägerin (bis zum 20. August 2009 mit dem Mädchennamen X.) war ab Juli 1988 in ein Berufsgrundbildungsjahr in der Berufsschule X-Stadt eingetreten. Von August 1989 bis Juni 1991 absolvierte sie das zweite und dritte Lehrjahr als Schreiner bei der Firma H. in C-Stadt. Anschließend war sie drei Wochen arbeitslos und begann ab August 1991 eine Tätigkeit als Schreinergesellin bei der Firma J. in J-Stadt. Dort schied sie zum 27. September 1999 aus. Sie hatte dort letztmals am 15. August 1999 gearbeitet, da sie am nächsten Tag wegen einer Schilddrüsenkrebserkrankung operiert worden war. Wegen Metastasenbildung in den Lymphknoten musste die Klägerin im Juli 2000 nochmals operiert werden.

Bis zu ihrem Ausscheiden bei der Firma J. war sie laut Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Hessen wegen Myogelose bzw. Lumboischialgie dreimal arbeitsunfähig gewesen: Vom 30. September bis 2. Oktober 1997, vom 2. bis 13. Februar 1998 sowie vom 22. Juni bis 9. Juli 1999. Der behandelnden Orthopäde Dr. K. hatte im Bericht vom 24. Juni 1999, den der Hausarzt Dr. C. übersandt hat, an diesem Tag bei ihr eine Lumbago mit Nervenwurzelreizung festgestellt. Die Klägerin hatte seit einer Woche Kreuzschmerzen nach einem Verheben geklagt. Nach dem Ausscheiden bei der Firma J. wurde der Klägerin von der Deutschen Rentenversicherung eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit bis Ende November 2001 gewährt. Vom 1. Dezember 2001 bis 28. Februar 2003 war sie nach Aussteuerung durch die Krankenkasse arbeitslos. Ab 1. März 2003 wurde ihr sodann die Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer von der Deutschen Rentenversicherung gewährt, die sie bis auf Weiteres bezieht.

Am 3. April 2003 war durch MRT der LWS ein Bandscheibenvorfall bei L5/S1 festgestellt worden, nachdem sie über Rückenschmerzen seit Februar 2003 geklagt hatte. Dieser Bandscheibenvorfall wurde in weiteren MRT-Untersuchungen der Jahre 2005, 2007 und 2010 bestätigt. Die Klägerin machte ihren Bandscheibenvorfall mit BK-Anzeige vom 4. November 2003 der Beklagten gegenüber als Berufskrankheit geltend und führte diesen auf die schwere körperliche Tätigkeit im Schreinerberuf zurück. Seit 1994 habe sie wiederholt an Rückenbeschwerden gelitten und es sei zu Wiedererkrankungen ab 1995 und sodann immer wieder bis 1998 sowie zu Arbeitsunfähigkeitszeiten 1997 und 1999 gekommen. Die Klägerin fügte einen Bericht des Prof. L. bzw. des Dr. M., Neurologische Klinik Weilmünster, vom 7. April 2003 bei sowie den Befund des LWS-MRT vom 3. April 2003 und gab an, nach Rückenschmerzen seit Februar 2003 hätten diese ab 29. März 2003 ins linke Bein ausgestrahlt. Prof. L. bestätigte, dass die Klägerin ein Wurzelkompressionssyndrom S1 links mit abgeschwächtem Achillessehnenreflex und sensiblem Defizit im entsprechenden Dermatom habe, wofür der Bandscheibenvorfall L5/S1 links ursächlich sei. Die Klägerin übersandte der Beklagten Angaben über ihre Hebe- und Tragebelastung bei den Firmen J. und H. vom 18. bzw. 30. Dezember 2003, die die jeweiligen Firmen durch Unterschrift bestätigten.

Der Hausarzt Dr. C. übersandte die ärztliche BK-Anzeige im Januar 2004 und gab an, er habe die Klägerin seit Oktober 1995 wegen LWS-Beschwerden nach schwerem Heben laufend behandelt und habe häufige, im Einzelnen nicht genannte Arbeitsunfähigkeitszeiten deswegen bestätigt. Er fügte einen Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. D. vom 23. Juni 2003 bei, der den Bandscheibenvorfall L5/S1 links mit Nervendehnungsschmerz, fehlendem Achillessehnenreflex sowie Dysaesthesien im Segment L5 und S1 links bestätigte. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Hessen vom 11. Dezember 2003 für die Zeit ab 2009 bei und holte die Stellungnahme des Technischen Aufsichtsbeamten Dr. N. vom 14. Februar 2004 ein. Nach Befragung der Klägerin ging Dr. N. davon aus, dass die Klägerin insgesamt einer Hebe- und Tragebelastung dabei im Umfang von 3,6 MNh unterlegen habe. Für die Tätigkeiten bei der Firma J. ging er dabei von 0,7 MNh aus. Sie habe dort zwei Jahre im Zuschnitt und sechs Jahre in der Montage gearbeitet, wobei die Hebe- und Tragebelastung in der Montage höher gewesen sei. Jeden zweiten Tag habe sie Material geladen und angeliefert. Die Belastungsanalyse habe er auf der Grundlage einer typischen Baustelle nachgezeichnet und Tagesdosen von unter 3500 Nh nicht berücksichtigt. Die Hebe- und Tragebelastung bei der Firma H. sei im Prinzip damit vergleichbar und rechtfertige die Annahme einer Gesamtbelastungsdosis von 2,9 MNh. Insgesamt erreiche die Klägerin damit die als arbeitstechnische Voraussetzungen für Frauen im Rahmen der BK-Nr. 2108 geforderten 17 MNh nicht. Mit Bescheid vom 6. Mai 2004 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Leistungen an die Klägerin ab, da ihr Bandscheibenvorfall nicht als Folge einer BK der Nr. 2108 anerkannt werden könne. Es habe auch nicht die Gefahr bestanden, dass sich eine derartige BK herausbilde, sodass die Voraussetzung des § 3 der Berufskrankheitenverordnung (BKV) ebenfalls zu verneinen seien, was sich insgesamt aus der Stellungnahme des Dr. N. ergebe.

Mit Widerspruch vom 1. Juni 2004 machte die Klägerin geltend, sie habe auch Baustellen mit höheren Belastungen gehabt, als die von Dr. N. vergleichsweise zugrunde gelegte. Dr. N. nahm ergänzend Stellung am 25. August 2004 mit dem Ergebnis, dass von einer Gesamtbelastungsdosis von 7,2 MNh auszugehen sei, wenn die Klägerin täglich einer schweren Hebe- und Tragebelastung im angegebenen Umfange anstelle nur jeden zweiten Tag unterlegen habe. Diese Dosis ergebe sich ausgehend von einer gleichbleibenden Belastung an allen Arbeitstagen während Schule, Ausbildung und Tätigkeit wie bei der Firma J. sowie täglichen Lade-, Entlade- und Vertragetätigkeiten in dem von der Klägerin geschilderten Umfang. Der Grenzwert von 17 MNh werde weiterhin deutlich unterschritten. Nachdem auch der Landesgewerbearzt mit Stellungnahme vom 13. Mai 2004 eine BK-relevante Exposition der Klägerin verneint hatte, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2004 zurück. Die Klägerin habe ihr Widerspruchsvorbringen nicht hinreichend spezifizieren können und habe an Tagen ohne Lade-, Entlade- und Vertragstätigkeit mit 1000 Nh die für eine Bewertung erforderliche Tagesdosis von 3500 Nh deutlich unterschritten.

Dagegen hat die Klägerin am 10. Januar 2005 Klage vor dem Sozialgericht Gießen (Sozialgericht) erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie vorgetragen, sie erfülle die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK-Nr. 2108, wozu sie ergänzend die Stellungnahmen der Firma H. vom 1. Juli 2005 sowie des J. vom 3. Juli 2005 vorgelegt hat. Auf von ihr bedienten typischen Baustellen sei das Tragen der Materialien neben dem Laden zusätzlich zu berücksichtigen. Die von Dr. N. zugrunde gelegte Tragegeschwindigkeit sei zu hoch und die Tragedauer dadurch länger einzurechnen. Insbesondere müsse die Tragezeit auf Treppen auf 0,2 m pro Sekunde reduziert werden. Auf der Montage seien täglich Materialien zu be- und entladen gewesen und hätten auch vertragen werden müssen - nicht nur jeden zweiten Tag. Die Belastungsdosen bei der Montage sowie beim Laden und Entladen sowie dem Vertragen seien zu addieren, sodass sie die relevanten Tagesbelastungsdosen erreicht habe. Erschwerte Arbeitsumstände wie das Arbeiten auf Gerüsten seien bisher nicht hinreichend beachtet worden. Die Ladetätigkeit habe täglich mindestens eine Stunde betragen, sodass sich unter Zugrundelegung von zehn Berufsjahren insgesamt 2338 Tage ergäben, die multipliziert mit den Tagesbelastungsdosen eine Gesamtbelastungsdosis von 21,2 MNh ergeben würden. Die medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen müssten durch ein medizinisches Sachverständigengutachten festgestellt werden.

Das Sozialgericht hat im Kammertermin vom 18. August 2006 die Klägerin im Einzelnen zu ihren Tätigkeiten bei den Firmen H. und J. angehört, wobei die Klägerin insbesondere auch Details zum Berufsschulbesuch sowie zur Samstagsarbeit mitgeteilt hat. Ihr Ausscheiden aus der Firma J. sei "aus heiterem Himmel" gekommen, da sie vorher nie länger krank gewesen sei. Zudem hat das Sozialgericht die Zeugen H. und J. angehört zu den Umständen der Schreinertätigkeit der Klägerin und den dabei auftretenden Hebe- und Tragebelastungen. Wegen weiterer Details der Angaben der Klägerin und der Zeugen wird auf das Protokoll des Kammertermins vom 18. August 2006 verwiesen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die weiteren Stellungnahmen des Dr. N. vom Technischen Aufsichtsdienst (TAD) vom 2. September 2005, 27. September 2006 und 24. Mai 2007 vorgelegt. Dr. N. hat in der ersten Stellungnahme darauf verwiesen, dass die Gesamtbelastungsdosis der Klägerin - wie im Widerspruchsverfahren ausgeführt - maximal 7,2 MNh erreiche. In seiner zweiten Stellungnahme ist Dr. N. von einer Gesamtbelastungsdosis von maximal 8,64 MNh ausgegangen und hat hierzu im Detail ausgeführt, unter der Annahme, dass die Klägerin über den gesamten Zeitraum, d.h. vom ersten Tag der Lehre am 1.8.1989 bis zur Aufgabe der Tätigkeit am 27.9.1999, jede Woche nicht 5 Tage, sondern auch an jedem Samstag in gleichbleibendem Umfang belastet gewesen sei, erhöhe sich die Dosis um 1/5 auf dann insgesamt 8,64 x 106 Nh. Im Ergebnis hat er danach die arbeitstechnischen Voraussetzungen weiter verneint und hat hieran auch in seiner dritten Stellungnahme festgehalten unter Hinweis darauf, dass jeweils nur Schichten in die Berechnung eingeflossen seien, die 3500 Nh erreicht oder überschritten hätten.

Mit Urteil vom 27. Juli 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Klägerin die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK-Nr. 2108 nach den MDD-Berechnungen des Dr. N. nicht erfülle auf Basis seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2004. Diese Stellungnahme basiere auf Angaben der Klägerin und ihrer Arbeitgeber, die noch neutral und nicht ergebnisorientiert erfolgt seien. Insbesondere die Angaben des Zeugen H. zum Fehlen der Klägerin im Berufsschulunterricht - sie solle danach 30% des Unterrichts versäumt und stattdessen im Betrieb gearbeitet haben - seien nicht glaubhaft. Selbst wenn man den weiteren Angaben der Klägerin und der Zeugen im Kammertermin folge, müssten mit Dr. N. die arbeitstechnischen Voraussetzungen verneint werden, wie der zuletzt mit Stellungnahme vom 24. Mai 2007 überzeugend begründet habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 9. November 2007 zugestellte Urteil am 5. Dezember 2007 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt und vertritt die Auffassung, sie erfülle sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen der BK-Nr. 2108. Sie hat nochmals ihre Hebe- und Tragebelastungen im Rahmen der Lehrzeit bei der Firma H. dargestellt und hat daraus Tagesbelastungsdosen im ersten Lehrjahr im Betrieb in Höhe von 5104 Nh errechnet sowie im zweiten Jahr auf Montage in Höhe von 17003 Nh. Sie habe 68 Berufsschultage in der Lehrzeit absolviert und 472 Arbeitstage, die sie hälftig in Fertigung und auf Montage verbracht habe. Daraus resultiere eine Belastungsdosis von 1,2 MNh im ersten Jahr bei der Firma H. und von 4 MNh im zweiten Jahr. Bei der Firma J. sei von einer Tragezeit im Umfang einer Stunde pro Montagetag auszugehen, wie der Zeuge J. vor Gericht bestätigt habe. Dies sei in der TAD-Berechnung nicht beachtet worden. Sie habe als Leiterin eines Montagetrupps in gleicher Weise körperlich arbeiten müssen wie die übrigen beiden Mitarbeiter. Ihre Tätigkeit aufgrund einer "typischen Baustelle" sei nur für die letzten sechs Jahre bei der Firma J. relevant. Da dort nur Sonderanfertigungen erfolgt seien, könne ihre Tätigkeit kaum näher typisiert werden. Die ersten beiden Jahre habe sie in der Fertigung gearbeitet bei einer Tagesbelastungsdosis von 4360 Nh, die folgenden sechs Jahre auf Montage mit einer Tagesbelastungsdosis von 8728 Nh. Bei 1758 Arbeitstagen insgesamt sei von einem Viertel in der Fertigung und drei Viertel auf Montage auszugehen, was zu 1,9 MNh in den beiden ersten Jahren sowie zu 11,5 MNh in den folgenden sechs Jahren als Belastungsdosis geführt habe. Folglich habe sie bei den Firmen H. und J. insgesamt 18,6 MNh erreicht und damit die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt. Das Bundessozialgericht habe zudem mit Urteil vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 4/06 - die Mindesttagesdosis für verzichtbar gehalten und für Frauen eine Gesamtdosis von 8,5 MNh für ausreichend, die sie damit weit übertroffen habe. Im Erörterungstermin vom 8. September 2009 hat die Klägerin - persönlich angehört - Details zum Berufsgrundbildungsjahr in der Berufsschule X-Stadt dargelegt, während dessen sie ein bis zwei Praktika von jeweils drei Wochen bei der Firma H. absolviert habe. Auch die medizinischen Voraussetzungen erfülle sie, da eine LWS-Erkrankung bei ihr erstmals 1995 nach acht von zehn Berufsjahren diagnostiziert worden sei. Damit würden die von der BK-Nr. 2108 geforderten zeitlichen Vorgaben eingehalten. Die Diagnose sei noch während der Expositionszeit gestellt worden. Auch das Schadensbild sei belastungskonform. Es handele sich um einen altersuntypischen Wirbelsäulenschaden, was durch medizinisches Sachverständigengutachten zu beweisen wäre. Die Klägerin hat den aktuellen Befundbericht des Prof. L. vom 27. April 2010 aufgrund einer Untersuchung vom Vortage überreicht, worin bei ihr ein Wurzelreizsyndrom links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 diagnostiziert wurde. Der Bandscheibenvorfall sei ausgeprägter als bei seiner letzten Untersuchung im Jahre 2003. MRT-Befunde des Radiologen Dr. O. vom 24. Februar 2005, vom 7. März 2007 sowie vom 26. April 2010 hat Prof. L. mitübersandt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 27. Juli 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Mai 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2004 zu verurteilen, den Bandscheibenvorfall bei L5/S1 als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen und ihr Rente nach einer MdE von 20 v.H. ab 3. April 2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren weiterhin die arbeitstechnischen Voraussetzungen verneint und hat hierzu die erneuten Stellungnahmen des Dr. N. vom 26. August 2008 sowie vom 27. März 2009 vorgelegt, wonach das Berufungsvorbringen insgesamt nicht schlüssig und auch hinsichtlich des Belastungsumfangs nicht glaubhaft sei. Dr. N. hält die von der Klägerin für die Tätigkeit bei der Firma J. angegebenen Hebe- und Tragevorgänge mit den Holzbohlen für nicht glaubhaft und auch ihre für den Bereich der Montage geschilderten Belastungen für nicht schlüssig. Ihre Annahmen zur Tätigkeit bei der Firma H. im zweiten Lehrjahr seien unrealistisch und die für das dritte Lehrjahr angegebene Anzahl montierter Fenster betrage das Dreifache der Zahl der hergestellten Fenster. Setze man die neuere BSG-Rechtsprechung um, erreiche die Klägerin eine Gesamtbelastungsdosis von 5 MNh, soweit man von ihren Erstangaben im Verwaltungsverfahren ausgehe. Dabei bleibe im Ergebnis unbeachtlich, ob man die dort angegebene Gesamtbelastung durch Heben und Tragen auf jeden Arbeitstag oder auf jeden zweiten Arbeitstag verteile.

Der Senat hat die Schwerbehindertenakte der Klägerin vom Versorgungsamt Wiesbaden sowie die Rentenakte von der Deutschen Rentenversicherung beigezogen, des Weiteren Unterlagen des Hausarztes Dr. C. und seines Nachfolgers Dr. G., zudem Unterlagen des Orthopäden Dr. D. Er hat sodann das arbeitsmedizinische Hauptgutachten des Prof. E. vom 23. Mai 2012 eingeholt, der ein radiologisches Zusatzgutachten des Dr. F. vom 23. September 2011 veranlasst hatte. Dr. F. hat die Röntgenbilder der Klägerin aus dem Zeitraum von 2003 bis 2010 ausgewertet und hat eigene Bilder ihrer Wirbelsäule vom 27. Juli 2011 erstellt. Ihre HWS zeige eine Streckfehlhaltung, die BWS keine altersuntypischen degenerativen Veränderungen. An der LWS bestehe bei L5/S1 eine drittgradige Chondrose sowie ein drittgradiger Vorfall mit Sequesterbildung links. Insofern sei eine vorübergehende Rückbildung sowie ein Rezidivvorfall auf den letzten Aufnahmen vom 26. April 2010 zu bestätigen. L5/S1 zeigten eine zweitgradige altersuntypische Sponylarthrose sowie L4/5 eine erstgradige. Der Vorfall L5/S1 links mediolateral mit caudalem Sequester führe zu einer erheblichen Bedrängung der linken S1-Wurzel. Eine "Black disc" sei bei L5/S1 nachgewiesen. Zeichen für eine Begleitspondylose bestünden nicht und prädiskotische Deformitäten seien nicht nachzuweisen. Die degenerativen Veränderungen im Bereich von HWS und BWS seien deutlich geringer ausgeprägt als im LWS-Bereich. Prof. E. hat die Klägerin anamnestisch zu ihren beruflichen Hebe- und Tragebelastungen gehört, hat diese im Detail aufgezeichnet und hält sie für übereinstimmend mit den Angaben ihrer Arbeitgeber, die diese als Zeugen vor dem Sozialgericht gemacht hätten. Das Berufsgrundbildungsjahr habe die Klägerin an der Berufsschule X-Stadt von Juli 1988 bis Juni 1989 absolviert und sei währenddessen zwölf Wochen im Praktikum bei der Firma H. gewesen. Dabei habe sie sechs Wochen Fenster grundiert und sechs Wochen Fenster geschliffen. Von August 1989 bis Juli 1991 habe sich sodann ihre Lehre als Schreiner bei der Firma H. angeschlossen. Sie habe dabei 232 Arbeitstage jährlich mit einer täglichen Arbeitszeit von 11,5 Stunden verrichtet je zur Hälfte in der Werkstatt und auf Montage. Die Arbeitsvorgänge in der Werkstatt sowie auf Montage hat der Sachverständige im Detail erhoben. Von August 1991 bis September 1999 habe die Klägerin bei der Firma J. für 230 Tage im Jahr bei 44 Wochenstunden als Schreinerin gearbeitet. Von August 1991 bis Juli 1993 habe sie im Wesentlichen in Werkstatt und Maschinenraum gearbeitet sowie von August 1993 bis September 1999 auf Montage. Auf Grundlage dieser Angaben der Klägerin hat der Sachverständige umfangreiche Berechnungen in 26 Tabellen vorgenommen mit dem Resultat einer Gesamtbelastungsdosis der Klägerin im Umfang von 16,22 MNh. Bei der Klägerin habe zudem eine besonders intensive Belastung im Sinne des zweiten und des dritten Spiegelstriches der Fallkonstellation B2 der Konsensempfehlungen bestanden. Denn sie habe den Richtwert für die Lebensdosis nach der neueren BSG-Rechtsprechung in weniger als zehn Jahren erreicht. Auch ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen mit Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen ab 4500 N im Sinne des dritten Zusatzkriteriums der Fallkonstellation B2 sei zu bejahen. Die Klägerin sei nach den durchgeführten Berechnungen an neun Arbeitsplätzen hohen Belastungsspitzen ab 4500 N in einem solchen Umfang ausgesetzt gewesen, dass die Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes von 3500 Nh zumindest in 50% erreicht worden sei (dazu Fußnoten zu Tabellen 9, 13-15, 17-19, 21-23 und 25). Seine Berechnungen wichen von denen des Dr. N. ab. Dr. N. habe die Belastungen im Praktikum nicht eingerechnet. Die Belastungsangaben der Klägerin für die Lehrzeit wichen wesentlich von den Annahmen des Dr. N. ab und entsprächen im Wesentlichen den Angaben des Arbeitgebers H. vom 1. Juli 2005 gegenüber dem Sozialgericht, die er für plausibel halte. Auch die Angaben der Klägerin zu ihrer beruflichen Wirbelsäulenbelastung bei der Firma J. wichen wesentlich von den Annahmen des Dr. N. ab und entsprächen wiederum im Wesentlichen den Angaben des Arbeitgebers J. vom 3. Juli 2005 gegenüber dem Sozialgericht, wobei er auch hier die Angaben der Klägerin für plausibel halte. Soweit Dr. N. für die Belastung der Klägerin bei der Firma J. davon ausgehe, dass zwei verschiedene Schichtarten zu unterscheiden seien - Tage mit Materialanlieferung und Tage mit Montagearbeiten, werde dies den Wirbelsäulenbelastungen der Klägerin nicht annährend gerecht. Sie habe in der Firma J. 13 verschiedene Tätigkeiten mit völlig unterschiedlichen Belastungsprofilen ausgeführt, die in seine Tabellen-Berechnungen 15 bis 27 Eingang gefunden hätten. Soweit Dr. N. in der Stellungnahme vom 27. September 2006 ausgeführt habe, die Wirbelsäulenbelastung der Klägerin seien bei den Firmen H. und J. im Wesentlichen gleich gewesen, sei dem unter Hinweis auf die Angaben der Firmen vom November und Dezember 2003 gegenüber der Beklagten zu widersprechen. Die Klägerin habe völlig unterschiedlichen Belastungen bei beiden Firmen unterlegen. Prof. E. ist bei der Klägerin von folgenden Diagnosen ausgegangen: Altersuntypischer Bandscheibenprolaps bei L5/S1 mit Sequester (Erstdiagnose: 03.04.2003), Black disc im Segment L5/S1 (Erstdiagnose: 03.04.2003), altersuntypische Spondylarthrose Grad I im Segment L4/L5 (Erstdiagnose: 03.04.2003), Spondylarthrose Grad II im Segment L5/S1 (Erstdiagnose: 07.04.2007) und eine altersuntypische Chrondrose Grad III im Segment L5/S1 (Erstdiagnose 27.07.2011). Der berufliche Zusammenhang des Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 sei nach den Konsensempfehlungen als wahrscheinlich anzunehmen, da die Klägerin die Voraussetzungen der Konstellation B2 erfülle. Die Klägerin habe einer ausreichend hohen Hebe- und Tragebelastung nach dem MDD-Modell unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BSG unterlegen. Wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren seien ebensowenig erkennbar wie eine Begleitspondylose. Die Klägerin erfülle zwei von drei Zusatzkriterien der Konstellation B2: Besonders intensive Belastung und besonderes Gefährdungspotenzial seien zu bejahen, ebenso der von der BK-Nr. 2108 geforderte Unterlassungszwang, denn die Klägerin wäre infolge der Diagnosestellung vom 3. April 2003 gezwungen gewesen, die Tätigkeit als Schreinerin zu unterlassen, wenn sie diese nicht bereits 1999 wegen der Schilddrüsenkrebserkrankung aufgegeben hätte. Das begründe sich mit dem Umstand, dass bei der Klägerin seither ein sensibles lumbales Wurzelsyndrom mit belastungsabhängigen Schmerzen bestehe, die es ihr unmöglich machten, die den Rücken belastende Tätigkeit als Schreinerin fortzusetzen. Bei Fortsetzung der Tätigkeit wäre eine Verschlimmerung der Bandscheibenerkrankung zu befürchten gewesen. Zwischen Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit 1999 und der erstmaligen Diagnose einer bandscheibenbedingten Erkrankung klaffe eine belastungsfreie Lücke von drei Jahren und fünf Monaten. Dies sei im Hinblick auf die Ergebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie unschädlich im Hinblick auf die Anerkennung einer BK-Nr. 2108. Nach der Auswertung der deutschen Wirbelsäulenstudie bestehe bei Versicherten, bei denen zwischen Ende der Exposition und erstmaliger Diagnose der bandscheibenbedingten Erkrankung ein zehn Jahre dauernder expositionsfreier Zeitraum verstrichen sei, ein um den Faktor 2,2 erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Bandscheibenvorfalls. Er gehe daher davon aus, dass auch bei einer expositionsfreien Zeit von drei Jahren und fünf Monaten ein ursächlicher Zusammenhang dennoch bestehe. Die Funktionseinschränkungen der Klägerin infolge des Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 seien mit einer MdE von 20 v.H. seit 3. April 2003 zu bewerten im Hinblick auf die deutlich eingeschränkte Beweglichkeit der LWS und das Bestehen eines sensiblen Wurzelreizsyndroms. Zur Feststellung weiterer BK-Folgen in Gestalt einer Fußheberschwäche links, einer Schwäche des Harnblasenschließmuskels und einer Herabsetzung der Libido empfehle er die Einholung eines neurologischen und eines urologischen Zusatzgutachtens.

Die Klägerin hat dem Gutachten des Prof. E. im Wesentlichen zugestimmt, während die Beklagte die arbeitstechnischen Voraussetzungen weiterhin nicht für erwiesen hält und davon ausgeht, dass die Klägerin auch die medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen nicht erfülle. Die zu fordernde zeitliche Korrelation zwischen Belastung und Bandscheibenschädigung bestehe nicht, da die Klägerin erst vier Jahre nach der durch andere Umstände verursachten Berufsaufgabe an einem Bandscheibenvorfall erkrankt sei. Ob dieser sie gezwungen hätte, den Beruf als Schreinerin aufzugeben, bleibe spekulativ. Soweit Prof. E. die Konstellation B2 bejahe, sei ihm nicht zu folgen. Auch die von ihm geschätzte rentenberechtigende MdE sei zu bezweifeln, da neurologischerseits abgeklärt werden müsse, ob eine Wurzelreizsymptomatik überhaupt weiter vorliege. Der Bericht der Neurologischen Klinik Weilmünster aus 2003 reiche zum Nachweis nicht aus. Zur näheren Begründung hat die Beklagte auf die TAD-Stellungnahme des Dr. N. vom 22. August 2012 sowie die beratungsärztliche Stellungnahme der Chirurgin Dr. P. vom 18. April bzw. 15. Mai 2013 verwiesen. Dr. N. hat in seiner Stellungnahme an seiner Auffassung festgehalten, dass einzelne Angaben der Klägerin zur Hebe- und Tragebelastung bei den Firmen H. und J. unrealistisch hoch seien und durch detaillierte ergänzende Befragung der Arbeitgeber geklärt werden müssten. Dr. P. hat darauf hingewiesen, dass bei der Klägerin ein Bandscheibenvorfall als bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der BK-Nr. 2108 erst dreieinhalb Jahre nach Aufgabe der die Wirbelsäule belastenden Tätigkeit festgestellt worden sei, wobei die Klägerin diese Tätigkeit wegen eines Schilddrüsenkarzinoms aufgegeben habe, bei dem später Lymphknotenmetastasen diagnostiziert worden seien, was zu einer längerfristigen Therapie geführt habe. Ihr Schadensbild wäre nur dann belastungskonform, wenn tatsächlich die Zusatzkriterien der Konstellation B2 aus arbeitstechnischer Sicht erfüllt würden. Der monosegmentale Schaden bei L5/S1 wäre ansonsten der Konstellation B3 entsprechend nicht als BK anerkennungsfähig. Zur MdE-Feststellung bedürfe es eines neurologischen Gutachtens, da das arbeitsmedizinische Gutachten hinsichtlich der Funktionsparameter insoweit nicht verlässlich sei und noch festgestellt werden müsse, ob eine Wurzelreizsymptomatik vorliege.

Der Senat hat schließlich eine weitere Stellungnahme des Prof. E. vom 7. August 2013 eingeholt, in der dieser am Ergebnis seines Gutachtens festgehalten hat. Er habe auf die von Dr. P. geforderte neurologische Zusatzbegutachtung verzichtet, da die Klägerin den neurologischen Befundbericht des Prof. L. vom 27. April 2010 vorgelegt habe, der damals aktuell und ausreichend gewesen sei. Seitdem seien über drei Jahre verstrichen, sodass eine erneute neurologische Untersuchung gerechtfertigt erscheine.

Die Klägerin hat im Senatstermin den Bericht des Neurologen Dr. Q., Hochtaunuskliniken GmbH Bad Homburg, vom 17. Oktober 2013 vorgelegt, der sie seit 2003 aus dem Klinikum Weilmünster kennt und aufgrund der Untersuchung vom 17. Oktober 2013 folgende Diagnosen gestellt hat: Wurzelkompressionssyndrom (Radikulopathie) motorisch links S1 und sensibel links L5 und S1 bei links teilsequestriertem Bandscheibenprolaps LWK 5/SWK 1, Zustand nach papillärem Schilddrüsenkarzinom pT4, Erstdiagnose 8/1999 mit Lymphknotenmetastasen, aktuell Metastase im Bereich der Arteria carotis interna links der Größe 4 cm

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Rechtsweg:

SG Gießen Urteil vom 27.07.2007 - S 1 U 6/05

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und begründet. Denn der Bandscheibenvorfall der Klägerin bei L5/S1 ist als Folge einer BK der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und durch Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE von 20 v.H. von der Beklagten zu entschädigen. Sowohl die arbeitstechnischen als auch die medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen einer BK der Nr. 2108 hat der Senat bejaht, so dass die entgegenstehenden Entscheidungen der Beklagten und des Sozialgerichts, die beide die arbeitstechnischen Voraussetzungen verneint hatten, aufzuheben waren.

BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS wurden mit der zweiten Verordnung zur Änderung der BKV unter der Nr. 2108 in die BK-Liste aufgenommen. Danach sind BKen bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Anerkennung einer BK setzt voraus, dass die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkung eine Krankheit verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Einwirkungen in nachgewiesener Dauer und Intensität begründet die Haftung. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Folgeerkrankungen ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu beurteilen (dazu BSGE 103, 59). Voraussetzung für die Feststellung jeder Erkrankung als BK ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, für die Entschädigungsleistungen beansprucht werden, im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sind. Eine absolute Sicherheit ist bei der Feststellung des Sachverhalts nicht zu erzielen. Erforderlich ist aber eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit, wonach kein vernünftiger Mensch mehr am Vorliegen vorgenannter Tatbestandsmerkmale zweifelt (Bundessozialgericht BSG-, BSGE 6, 144; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Anm. 5 zu § 118 m.w.N.). Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287; 61, 127, 128). Für die Anerkennung der ursächlichen Zusammenhänge muss nur eine Wahrscheinlichkeit bestehen. Bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (BSG in SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a.F.). Der ursächliche Zusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).

Die Klägerin leidet an einer "bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung" im Sinne der BK Nr. 2108. Nach dem "Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK-Nr. 2108" (veröffentlicht in: Bundesarbeitsblatt 1993, S. 50 ff.) unter III ist die Diagnose einer bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung auf der Grundlage der Vorgeschichte sowie der Ergebnisse von klinischer und radiologischer Untersuchung zu stellen. Die ausgelösten degenerativen Prozesse, zu denen anlagebedingte Wirbelsäulenstörungen und -fehlhaltungen nicht gehören, müssen sich in einer radiologisch objektivierbaren Form wiederfinden. Neben einem objektivierbaren Bandscheibenschaden muss die klinische Relevanz dieses Schadens in Form eines chronischen oder chronisch rezidivierenden Beschwerdebildes mit Funktionseinschränkungen gesichert sein, damit der Begriff einer bandscheibenbedingten Erkrankung erfüllt ist (dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 579-586.; Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung (BKV), Kommentar, Anm. 5.1. und 5.2. zu M 2108; Brandenburg, Wirbelsäulenerkrankungen als Berufskrankheit, Die Berufsgenossenschaft 1993, 791, 794). Bei der Klägerin wurde am 3. April 2003 einen Bandscheibenvorfall bei L5/S1 festgestellt, nachdem sie seit Februar 2003 über Rückschmerzen geklagt hatte, die ab Ende März 2003 ins linke Bein ausgestrahlt hatten, wie von der Klägerin im Rahmen ihres BK-Antrages gegenüber der Beklagten dargelegt wurde. Prof. L., Neurologische Klinik Weilmünster, beschrieb im Bericht vom 7. April 2003 ein infolge des Bandscheibenvorfalles aufgetretenes Wurzelkompressionssyndrom S1 links, das auch der die Klägerin behandelnde Orthopäde D. damals unter Hinweis auf einen Nervendehnungsschmerz, einen fehlenden Achillessehnenreflex und Dysästhesien bei L5/S1 klinisch bestätigte (Bericht vom 23. Juni 2003). Laut radiologischem Zusatzgutachten des Dr. F. vom 23. September 2011 ist der Bandscheibenvorfall bei L5/S1 links mediolateral ausgeprägt mit caudalem Sequester und führt zu einer erheblichen Bedrängung der linken S1-Wurzel. Diesen anatomischen Begebenheiten entsprechend hatte Prof. L. im weiteren Bericht vom 27. April 2010 aufgrund einer Untersuchung vom Vortage sowie auch dessen früherer Mitarbeiter Dr. Q., jetzt Hochtaunus-Kliniken Bad Homburg, im aktuellsten Bericht vom 17. Oktober 2013 aufgrund einer Untersuchung vom gleichen Tage das Fortbestehen des Wurzelkompressionssyndroms S 1 links bestätigt.

Die Klägerin unterlag in ihrer Lehr- und Gesellenzeit als Schreinerin einer beruflichen Hebe- und Tragebelastung, die als solche geeignet war, eine bandscheibenbedingte LWS-Erkrankung zu verursachen. Dr. N. vom Präventionsdienst der Beklagten wie auch Prof. E. als gerichtlicher Sachverständiger haben sich zur Quantifizierung der Hebe- und Tragebelastung der Klägerin des sogenannten Mainz-Dortmunder-Dosis-Modells (MDD-Modell) bedient. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 18. März 2003 - B 2 U 13/02 R juris - und vom 19. August 2003 - B 2 U 1/02 R juris -) ist das MDD-Modell eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK Nr. 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten" oder "langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau umschriebenen Einwirkungen. Da das MDD-Modell für die Belastung durch Heben und Tragen keine Mindestwerte festsetzt, die erreicht werden müssen, damit von einem erhöhten Risiko für Bandscheibenschäden durch die berufliche Tätigkeit ausgegangen werden kann, sondern die angegebenen Richtwerte insbesondere für die Gesamtbelastungsdosis als bloße Orientierungswerte anzusehen sind, kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein Unterschreiten dieser Werte das Vorliegen einer BK von vornherein ausschließt. Da Orientierungswerte aber andererseits auch keine unverbindliche Größe sind, die beliebig unterschritten werden kann, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu entscheiden (so das BSG im Urteil vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 4/06 R juris -). Das BSG hat in dieser Entscheidung am MDD-Modell grundsätzlich festgehalten. Da es aufgrund einer vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften initiierten Fallkontrollstudie zur besseren epidemiologischen Klärung der Dosis-Wirkungs-Beziehungen zwischen beruflichen Belastungen und Entstehung von bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankungen (sog. Deutsche Wirbelsäulenstudie) Hinweise gibt, dass auch unterhalb des Orientierungswertes nach dem MDD-Modell ein erhöhtes Risiko für bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS bestehen kann, hat es das BSG im Urteil vom 30. Oktober 2007 für sachgerecht erachtet, den unteren Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS ausgeschlossen ist und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden kann, im Licht dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Hälfte des im MDD-Modell vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 MNh für Männer und 17 MNh für Frauen zu reduzieren. Zudem ist nach der BSG-Entscheidung vom 30. Oktober 2007 die dem MDD-Modell zugrunde liegende Druckkraft pro Arbeitsvorgang von 3.200 N bei Männern auf den Wert von 2.700 N zu reduzieren. Auf eine Mindesttagesdosis ist entsprechend dem Ergebnis der deutschen Wirbelsäulenstudie zu verzichten, zumal es für die bisher geforderte Mindesttagesdosis von 5.550 Nh für Männer keine gesicherte Ableitung gibt. Danach wird es für sachgerecht gehalten, alle Hebe- und Tragebelastungen, die die aufgezeigte Mindestbelastung von 2.700 N bei Männern erreichen, entsprechend dem quadratischen Ansatz zu berechnen und aufzuaddieren.

Diesen Vorgaben entsprechend hat der mit der Beantwortung auch dieser Frage betraute medizinische Sachverständige Prof. E., der als Mitglied sowohl der Arbeitsgruppe zur Entwicklung des MDD-Modells als auch der Expertengruppe, die die so genannte Konsensempfehlungen erarbeitet hat, über besondere Sachkunde zur Klärung sowohl der arbeitstechnischen als auch der medizinischen Anerkennungsvoraussetzungen der BK-Nr. 2108 verfügt, mit 16,22 MNh eine Gesamtbelastungsdosis der Klägerin ermittelt, die den "neuen Orientierungswert" von 8,5 MNh bei Frauen deutlich übersteigt und sich im Bereich des "alten Orientierungswertes" von 17 MNh für Frauen bewegt. Er hat zu diesem Zweck die Klägerin intensiv zu ihrer Hebe- und Tragebelastung zunächst bei der Firma H. in der Lehrzeit von Juli 1988 bis Juni 1991 und sodann bei der Firma J. in der Gesellenzeit von August 1991 bis September 1999 befragt und hat deren Angaben, die in allen wesentlichen Punkten in Übereinstimmung mit den Angaben der als Zeugen gehörten Arbeitgeber H. und J. stehen, seinen in 26 Tabellen niedergelegten Berechnungen zugrunde gelegt. Der Senat folgte den umfangreichen Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen, die allenfalls in zwei Punkten Bedenken erwecken, die allerdings nur zu graduellen Veränderungen seines Ergebnisses führen können, daher insgesamt nicht beachtlich sind und insbesondere keine ergänzende Sachaufklärung gebieten. Prof. E. gegenüber hat die Klägerin angegeben, im Berufsgrundbildungsjahr 1988/1989 insgesamt 12 Wochen im Praktikum bei der Firma H. gearbeitet zu haben, während sie dazu im Erörterungstermin vom 8. September 2009 nur von einem Umfang von maximal 6 Wochen jährlich berichtet hatte. Prof. E. war in Tabelle 28 zu seinem Gutachten (Seite 61) von einer Hebe- und Tragebelastung der Klägerin im Umfang von 0,5 MNh für die 12-wöchigen Praktika ausgegangen, die auf 0,25 MNh zu reduzieren wäre, soweit man die Angaben im Erörterungstermin zugrunde legen würde. Eine weitere - ebenfalls nur geringfügige - Reduzierung der Gesamtbelastungsdosis in derselben Tabelle würde sich ergeben, wenn man für die Lehrzeit der Klägerin nicht von einer täglichen Arbeitszeit von 11,5 Stunden - wie Prof. E. - sondern von einem für einen Lehrling eher plausiblen Tagespensum von 8 Stunden ausgehen würde, womit die in Tabelle 28 auf Seite 62 des Gutachtens für den Zeitraum von August 1989 bis Juli 1991 berechnete Dosis von insgesamt 3,93 MNh ausgehend von 11,5 Stunden täglich auf 2,73 MNh unter Zugrundelegung eines Achtstundentages zu reduzieren wäre. Selbst wenn die Dosisberechnung des gerichtlichen Sachverständigen von 16,22 auf etwa 14,5 MNh zu vermindern wäre, wird der "neue Orientierungswert" von 8,5 MNh deutlich überschritten mit der Folge, dass die berufliche Hebe- und Tragebelastung der Klägerin als für die Entstehung des Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 beachtliche wesentliche Mitursache unverändert in Betracht zu ziehen ist.

Der Senat hatte danach keine Veranlassung, in eine nochmalige und ergänzende Befragung der Zeugen H. und J. einzutreten, da die im Kammertermin vom 18. August 2006 vor dem Sozialgericht alle ihnen noch erinnerlichen Details angegeben hatten. Soweit Dr. N. sich in seiner letzten Stellungnahme vom 14. August 2012 zu einer abschließenden Berechnung nach dem MDD-Modell außerstande sah, schadet dies nicht. Denn der Senat stützt seine Entscheidung nicht auf die diversen Stellungnahmen des Dr. N. sondern auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. E. Dieser hat die Defizite der Tatsachenfeststellung durch Dr. N. aufgezeigt, der weder die Belastungen der Klägerin während der Praktika berücksichtigt hat noch für die Lehrzeit der Klägerin von zutreffenden Belastungswerten ausgegangen ist. Dr. N. hat zudem die Belastungsumfänge der Klägerin bei der Firma J. pauschal auf die Firma H. übertragen und hat damit die deutlich unterschiedlichen individuellen Gegebenheiten bei den verschiedenen Firmen nicht berücksichtigt. Auch seine Grundannahme der Schichtarten der Klägerin bei der Firma J. ist nach den umfassenden Darlegungen des Prof. E. nicht haltbar und wird einer individuellen Ermittlung der Hebe- und Tragebelastung der Klägerin für ihr gesamtes Berufsleben nicht gerecht.

Dr. N. hatte im Übrigen in zahlreichen Stellungnahmen unterschiedliche Gesamtbelastungsdosen der Klägerin zur Diskussion gestellt, die eine Bandbreite von 3,6 über 7,2 bis zu 8,64 MNh abdecken und zumindest was den höchsten Wert betrifft nach der neueren BSG-Rechtsprechung den auf 8,5 MNh für Frauen reduzierten Orientierungswert übersteigen. Soweit Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 26. August 2008 nach der neuen BSG-Rechtsprechung von 5 MNh ausgeht, hat er die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt, die diese im Verwaltungsverfahren in Form von Fragebögen für die Firmen H. und J. gemacht hatte. Die beiden Fragebögen können indessen die vielgestaltige Hebe- und Tragebelastungen der Klägerin bei beiden Arbeitgebern nicht hinreichend genau abbilden und erreichen nicht annährend die Detailliertheit und Genauigkeit, die mit Hilfe der Befragung durch Prof. E. gewonnen werden konnte.

Allerdings führt die Tatsache, dass sowohl die arbeitstechnischen Voraussetzungen schweren Hebens und Tragens als auch der vom Verordnungsgeber in der BK Nr. 2108 geforderte Befund eines bandscheibenbedingten LWS-Leidens zur Überzeugung des Senats nachgewiesen sind, nicht zu der im Sinne eines Anscheinsbeweises zu rechtfertigenden Annahme (dazu § 9 Abs. 3 SGB VII), dass damit auch von einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Belastung im Rahmen der medizinischen Zusammenhangsbeurteilung auszugehen ist. Denn die Pathogenese bandscheibenbedingter LWS-Erkrankung ist vielgestaltig und der berufliche Einfluss ist nur einer unter vielen denkbaren Kausalfaktoren, so dass es immer einer individuellen Abwägung im Einzelfall bedarf und der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Belastungseinwirkungen anhand zusätzlicher Merkmale positiv festzustellen und zu begründen ist, wobei der Senat folgende Kriterien als für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Rahmen der BK Nr. 2108 wesentlich ansieht: das Krankheitsbild - insbesondere in Form eines die Altersnorm überschreitenden Wirbelsäulenbefundes einerseits und eines belastungskonformen Schadensbildes andererseits, das Bestehen einer konstitutionellen Veranlagung bzw. weitergehender konkurrierender Erkrankungen sowie die Eignung der belastenden Einwirkung zur Verursachung der Krankheit, biomechanische Begleitumstände wie Körperhaltung und zur Verfügung stehende Hilfsmittel, individuelle Konstitution und zeitliche Korrelation zwischen Erkrankungsverlauf und beruflichen Überlastungen (dazu Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), Kommentar, Anm. 6.2. zu M 2108; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 499 bis 508 sowie Urteil des BSG vom 27. Juni 2006 - Az: B 2 U 13/05 R - juris). Auch die "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten BKen der LWS", die "Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung" aus dem Jahr 2005 (veröffentlicht in: Trauma und Berufskrankheit, 2005, Seiten 211 ff. (Teil I), 320 ff. (Teil II), gehen von diesen Vorgaben aus (ebenso Urteil des BSG vom 27. Juni 2006). Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse für eine qualifizierte Begutachtung der BKen 2108 bis 2110. Die Autoren - darunter auch der gerichtliche Sachverständige Prof. E. - gehören einer interdisziplinären Arbeitsgruppe von Sachverständigen an, die selbst intensiv in die Zusammenhangsbegutachtung bei LWS-Erkrankungen eingebunden sind und die auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichtet wurde. Diese Konsensempfehlungen stellen - jedenfalls soweit sie einvernehmlich verfasst wurden - die von der Rechtsprechung bei Beurteilung derartiger Zusammenhangsfragen zugrunde zu legende herrschende Meinung der einschlägig tätigen Fachwissenschaftler dar (dazu BSG-Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 26/04 R - juris; Mehrtens-Brandenburg, a.a.O., Anm. 6.1. zu M2108, S. 146). Die Konsensempfehlungen beschreiben das belastungskonforme Schadensbild durch den Vergleich der Veränderungen zwischen Beschäftigten mit hoher Wirbelsäulenbelastung und der Normalbevölkerung hinsichtlich der Kriterien Lebensalter beim Auftreten der Schädigung, Ausprägungsgrad in einem bestimmten Alter, Verteilungsmuster der Bandscheibenschäden an der LWS sowie Lokalisationsunterschiede zwischen biomechanisch hoch und mäßig belasteten Wirbelsäulenabschnitten der gleichen Person und Entwicklung einer Begleitspondylose (dazu: S. 212, 214 der Konsensempfehlungen unter Ziffer 1.1.3). Sind die Grundvoraussetzungen zur Anerkennung erfüllt - also das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung einerseits und einer ausreichenden beruflichen Belastung andererseits sowie einer plausiblen zeitlichen Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung - soll anhand folgender Kriterien abgewogen werden, ob ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich ist: Eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten der LWS spricht eher für einen Zusammenhang, ein Befall der HWS und/oder der BWS je nach Fallkonstellation eher gegen einen Zusammenhang der Befunde mit beruflichen Belastungen. Eine Aussparung der beiden unteren LWS-Segmente spricht gegen eine berufliche Verursachung, Begleitspondylosen haben eine positive Indizwirkung, wenn sie über das Altersmaß hinausgehen und mindestens zwei Segmente betreffen. Die Konsensempfehlungen enthalten 21 Fallkonstellationen, wobei für sechs Konstellationen kein Konsens erzielt werden konnte, wofür als Gründe neben dem Phänomen der Begleitspondylose als Positivkriterium die Bedeutung degenerativer HWS-Veränderungen als möglicher Hinweis auf ein schicksalhaftes Geschehen zu nennen sind. Bei der Beurteilung der übrigen 15 Befundkonstellationen bestand Einigkeit.

Unter Berücksichtigung dieser medizinischen Vorgaben bejaht der Senat den beruflichen Zusammenhang der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung der Klägerin mit überwiegenden medizinischen Gründen und folgt in allen wesentlichen Punkten den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. E. Denn bei der Klägerin wurde im April 2003 bereits im Alter von 30 Jahren ein Bandscheibenvorfall bei L5/S1 festgestellt, wobei es sich - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist und von dem gerichtlichen Sachverständigen bestätigt wird - um eine die Altersnorm überschreitende Erkrankung im Segment L5/S1 handelte. Der Erkrankungsbefund der Klägerin zeigt sich im Bereich eines der unteren drei LWS-Segmente, was im Allgemeinen für die Annahme des beruflichen Zusammenhanges gefordert wird. Eine konstitutionelle Veranlagung bzw. konkurrierende Erkrankungen der Wirbelsäule bestehen nicht. Außer einer Streck-Fehlhaltung der HWS sind keine prädiskotischen Deformitäten bei der Klägerin zu erkennen, wie Dr. F. und Prof. E. dargelegt haben, und bandscheibenbedingte Veränderungen der HWS und der BWS fehlen, deren Befall auf eine anlagebedingte Schwäche des Achsenorganes hindeuten könnte. Im Hinblick auf die individuelle Konstitution der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass sie als Frau in früher Jugend einen "Männerberuf" erlernt und im Anschluss als Gesellin ausgeübt hat. Sie hat sich dabei nicht geschont und in demselben Umfange mitgearbeitet, wie dies von männlichen Arbeitskollegen erwartet wurde. Infolgedessen unterlag sie einer für Frauen beachtlich hohen Hebe- und Tragebelastung.

Mit dem Sachverständigen Prof. E. bejaht der Senat auch die zeitliche Korrelation zwischen beruflicher Hebe- und Tragebelastung und dem Auftreten der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung. Die Klägerin war ab dem zweiten Lehrjahr bis zum Ausscheiden aus dem Beruf im August 1989 zehn Jahre in einem "Männerberuf" tätig gewesen, der mit schwerer körperlicher Belastung verbunden ist, wobei die Klägerin den fachlichen Anforderungen in vollem Umfange entsprach, wie beide Arbeitgeber als Zeugen übereinstimmend bestätigt haben.

Nachdem die Grundvoraussetzungen einer bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung eine ausreichende berufliche Belastung und eine plausible zeitliche Korrelation zwischen Exposition und Diagnosestellung - zur Überzeugung des Senats feststehen, geht dieser in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Prof. E. auch davon aus, dass bei der Klägerin ein so genanntes belastungskonformes Schadensbild an der Wirbelsäule besteht. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der B2-Konstellation, wobei es sich um eine der als anerkennungsfähig herausgearbeiteten typischen Fallkonstellationen handelt. Die B-Konstellationen setzen eine bandscheibenbedingte Erkrankung an einem der beiden untersten LWS-Segmente voraus verbunden mit einer Chondrose Grad II oder höher und/oder einem Vorfall. Die Konstellation B2 erfordert weiter, dass wesentliche weitere Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und auch eine Begleitspondylose nicht besteht. In diesen Fällen wird der wesentlich beruflich bedingte Zusammenhang als erfüllt angesehen, wenn gemäß Zusatzkriterium 1 dort genannte Veränderungen an mehreren Bandscheiben bestehen, nach Zusatzkriterium 2 bei stattgehabter besonders intensiver Belastung, die bei Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren angenommen wird, sowie nach Zusatzkriterium 3 bei Bestehen eines besonderen Gefährdungspotenzials durch hohe Belastungsspitzen, wofür das Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richterwertes durch hohe Belastungsspitzen bei Frauen ab 4,5 kN einen Anhaltspunkt darstellt.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. E. war die Klägerin an insgesamt 9 Arbeitsplätzen bei den Firmen H. und J. hohen Belastungsspitzen in einem Umfang ausgesetzt, dass sie allein durch diese Belastungen die Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwertes von 4500 KN erreichte, wodurch sie die Voraussetzungen des Zusatzkriteriums 3 erfüllte. Im Einzelnen erfolgten derartige Belastungen der Klägerin bei der Firma H. von August 1989 bis Juli 1991 beim Tragen sowie dem ein- oder beidseitigem Heben und Absetzen schwerer Balkontüren sowie entsprechender Fenster und Balkontürenelemente aus Mahagoni oder Niangon. Bei der Firma J. kam es zu derartigen extrem belastenden Tätigkeiten von August 1991 bis Juli 1993 im Maschinenraum bei beidhändigem Heben und Absetzen von Hart- und Weichhölzern, beim Transport und der Anlieferung schwerer Eichenholzbohlen vom LKW zum Lagerplatz sowie auf den Dachboden, beim einhändigen Heben von Span- und MDF-Platten im Maschinenraum sowie auf den Baustellen von August 1993 bis September 1999 bei Montage und Demontage von Frankfurter Schränken, deren erhebliche Gewichte aufweisende Einzelteile (Sockelteil, oberer Kranz, Rückenwand) von der Klägerin allein oder zu zweit zu heben und zu tragen waren, was im vorgenannten Zeitraum auch bei Messetransporten, wo derartige Schränke zur Ausstellung gelangten, wiederholt erforderlich wurde. Auch bei der Montage der Unterkonstruktion von MDF-Decken sowie von Massivholzmöbeln wurden im vorgenannten Zeitraum bei der Firma J. beim Heben, Tragen und Absetzen der gefertigten Teile entsprechende Spitzenbelastungsdosen erreicht. Im Einzelnen haben alle diese Umstände Eingang in die Tabelle 9, 13-15, 17, 18, 19, 21-23 und 25 zum Gutachten des Prof. E. gefunden, worauf wegen weiterer Einzelheiten zu verweisen ist. Die Klägerin war danach in erheblichem Umfange bei beiden Arbeitgebern bei unterschiedlichen Arbeitsverrichtungen über längere Zeiträume Prof. E. zufolge einem besonderen Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen ausgesetzt, so dass auch ohne den Nachweis von Begleitspondylosen der berufliche Ursachenzusammenhang ihres Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 wahrscheinlich ist. Der Senat hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Konstellation B2, wo sich berufliche Belastungen hauptsächlich aus wiederholten Spitzenbelastungen ergeben und das Fehlen einer Begleitspondylose keine negative Indizwirkung hat, im Wesentlichen zu Belastungen für den Pflegebereich geäußert (Urteile vom 30. Juni 2011, L 3 U 205/06, vom 18. August 2009, L 3 U 202/04, vom 20. April 2010, L 3 U 212/06 sowie vom 13. März 2007, L 3 U 889/03), wobei diese Entscheidungen allerdings maßgeblich auf die dabei konkret verrichteten Tätigkeiten abstellen. Entscheidend kann jedoch nicht der ausgeübte Beruf als solcher sein, sondern die dabei auf die LWS einwirkenden Belastungen, die bei der Klägerin im Beruf als Schreinerin bei der Firma H. und J. nach den detaillierten Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. E. zum Zusatzkriterium 3 der Konstellation B2 mit den Belastungen in Pflegeberufen vergleichbar sind. Inwieweit Prof. E. auch die Voraussetzungen des zweiten Zusatzkriteriums zur Konstellation B2, eine "besonders intensiven Belastung", ebenfalls zutreffend bejaht hat, konnte der Senat dahinstehen lassen.

Allerdings ist der letztlich zur Berufsaufgabe zwingende Bandscheibenvorfall bei L5/S1 erst dreieinhalb Jahre nach Ausscheiden der Klägerin aus dem Beruf diagnostiziert worden und darauf hindeutende Rückenschmerzen hatte die Klägerin erst etwa 2 Monate vor der Diagnosestellung geäußert. Die Konsensempfehlungen fordern zwar, dass eine ausreichende berufliche Belastung der Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung vorausgegangen sein muss. Sie fordern indessen nicht, dass der Bandscheibenvorfall während der Berufsausübung bzw. direkt im Anschluss daran entstanden sein muss, gehen vielmehr davon aus, dass ein Bandscheibenvorfall auch zeitlich später auftreten kann, wobei die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit der Länge des Zeitraums abnimmt, der zwischen Expositionsende und erstmaliger Diagnosestellung liegt (Konsensempfehlungen Seite 216). An diese Vorgaben anknüpfend hat Prof. E. darauf verwiesen, dass - nach der im Anschluss an die Konsensempfehlungen erstellten - Deutschen Wirbelsäulenstudie aus dem Jahre 2007 selbst nach Ablauf einer 10-jährigen expositionsfreien Zeit noch ein um den Faktor 2,2 erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Bandscheibenvorfalls besteht. Ob tatsächlich nach Ablauf einer so langen expositionsfreien Zeit der berufliche Zusammenhang noch hinreichend wahrscheinlich zu machen ist, bedurfte im Falle der Klägerin keiner Entscheidung. Denn nach den konkreten Umständen ist die etwas über drei Jahre betragende expositionsfreie Zeit als unschädlich anzusehen. Denn die Klägerin war als Frau langjährig, das heißt mehr als 10 Jahre, einer körperlich schwer belastenden Tätigkeit in einem Männerberuf ausgesetzt und hatte bei Aufgabe des Berufes bereits vereinzelt Rückenbeschwerden unter den Diagnosen Lumbago bzw. Lumboischialgie gehabt. Sie war laut Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Hessen bis zu ihrem Ausscheiden in den Jahren 1997 für 3 Tage, 1998 für 12 Tage und 1999 für 18 Tage unter der Diagnose "Lumboischialgie" arbeitsunfähig gewesen und der behandelnde Orthopäde Dr. K. hatte im Bericht vom 24. Juni 1999 eine Lumbago mit Nervenreizung festgestellt. Sie war nach Berufsaufgabe in der expositionsfreien Zeit infolge ihrer schweren Krebserkrankung in keiner Weise berufstätig und auch keiner relevanten Hebe- und Tragebelastung mit Auswirkungen auf die LWS ausgesetzt gewesen. Irgendwelche prädiskotische Deformitäten oder sonstige Konkurrenzursachen, die zum Entstehen des Bandscheibenvorfalles hätten beitragen können, existieren nicht, so dass der Senat keine Zweifel hatte, mit Prof. E. davon auszugehen, dass die langjährige berufliche Exposition bis 1999 als wesentliche Mitursache des 2003 diagnostizierten Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 anzuerkennen ist.

Die Klägerin war indessen im Zeitraum August/September 1999 nicht infolge einer bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung gezwungen, den Beruf als Schreinerin aufzugeben. Sie hatte diese Tätigkeit bei der Firma J. letztmals am 15. August 1999 ausgeübt, da sie am Folgetag wegen einer Krebserkrankung der Schilddrüse operiert werden musste. Seitdem ist sie nicht mehr ins Arbeitsleben zurückgekehrt. Reale Ursache für die Aufgabe der belastenden Schreinertätigkeit war danach nicht eine bandscheibenbedingte LWS-Erkrankung, die erst dreieinhalb Jahre später diagnostiziert wurde. Dieser Umstand steht der Anerkennung einer BK-Nr. 2108 nicht entgegen. Denn nach der zutreffenden und vom Senat geteilten herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Lehre muss eine ursächliche Verknüpfung zwischen dem als BK anerkannten Leiden und der Aufgabe der belastenden Tätigkeit nicht bestehen (ständige Rechtsprechung des BSG in BSGE 73, 1, 3; BSG in SozR 2200 § 571 Nr. 4; ebenso Becker, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anmerkungen 168, 257, 258 zu § 9 SGB VII sowie derselbe, die Voraussetzungen des Unterlassungszwangs im Berufskrankheitenrecht, NZS 2004, 617, 622 sowie Koch in: Lauterbach, Unfallversicherung (SGB VII), Kommentar, Anmerkung 71 zu § 9). Der Eintritt des Versicherungsfalles einer BK kann auch nach dem Ende der versicherten Tätigkeit liegen, wenn erst längere Zeit nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit die durch die berufliche Exposition verursachte Erkrankung zum Ausbruch kommt. Beispielsweise bei Krebserkrankungen haben Versicherte aufgrund der erheblichen Latenzzeiten zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Krankheit häufig längst die versicherte Tätigkeit und oft auch das Erwerbsleben insgesamt beendet. Für die BK-Nr. 2108 kann letztlich nichts anderes gelten (dazu BSG, SozR 3-5670, Anlage 1, Nr. 2108, Nr. 2). Die Gegenansicht von Pöhl, Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit im Berufskrankheitenrecht. Die Berufsgenossenschaft, 2000, 475, 477 sowie von Ricke in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB VII, Anmerkung 16 zu § 9 überzeugt nicht. Während Pöhl eine nähere Begründung für seine Auffassung nicht gibt, reklamiert Ricke eine Systemwidrigkeit und fordert, dass die gefährdende Tätigkeit infolge der BK-bedingten objektiven Aufgabenotwendigkeit tatsächlich aufgegeben werden muss. Seine Auffassung wird indessen den mit langjährigen Karenzzeiten behafteten, durchaus nicht seltenen BKen ebensowenig gerecht wie dem in diesen Fällen besonders greifenden Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung, der eine Entschädigung für durch berufliche Einflüsse hervorgerufene Erkrankungen nicht davon abhängig machen darf, zu welchem Zeitpunkt die Erkrankung zum Ausbruch kommt und ob zu diesem Zeitpunkt noch die Versicherteneigenschaft besteht und durch den Ausbruch der Erkrankung beendet wird.

Die damaligen Wirbelsäulenbefunde hätten die Klägerin 1999 nicht zur Berufsaufgabe veranlasst, denn die Klägerin hätte ihrer Einlassung zufolge gerne weiter als Schreinerin gearbeitet, wenn sie die bösartige Schilddrüsenerkrankung nicht zum Ausscheiden aus dem Berufsleben gezwungen hätte. Auch der gerichtliche Sachverständige Prof. E. geht dementsprechend nicht davon aus, dass die Klägerin bereits 1999 wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung zur Berufsaufgabe gezwungen war, was er vielmehr erst ab 2003 nach Auftreten des Bandscheibenvorfalles bei L5/S1 annimmt, worin der erkennende Senat ihm beitritt. Denn die Klägerin hätte ab 2003 den körperlich schweren und für eine Frau besonders belasteten Schreinerberuf, der bei der Firma J. wie auch bei der Firma H. mit häufigen Belastungsspitzen für den Rücken verbunden war, mit einer derartigen Wirbelsäulenschädigung nicht weiter ausüben können und war damit bei medizinisch objektiver Betrachtung ab April 2003 zur "Unterlassung" gezwungen.

Die Klägerin erfüllt schließlich die Voraussetzungen zum Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 56 Abs. 1 SGB VII, da die Folgen des als BK-Nr. 2108 festzustellenden Bandscheibenvorfalles mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten sind. Prof. E. kommt zu dieser MdE-Bewertung in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlungen, die Vorschläge zur MdE-Bewertung enthalten, die im Wege der Gleichbehandlung auch auf die Klägerin zur Anwendung zu bringen sind. Denn eine rentenberechtigende MdE von 20 v.H. ist nach den Konsensempfehlungen (Seite 327) bei mittelgradigen Leistungseinschränkungen infolge einer bandscheibenbedingten Wirbelsäulenerkrankung vorgesehen. Als insoweit relevante Erkrankungen kommen ein lokales LWS-Syndrom oder ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom mit mittelgradigen belastungsabhängigen Beschwerden in Betracht, ebenso eine Lumboischalgie mit belastungsabhängigen Beschwerden und deutlichen Funktionseinschränkungen sowie mittelgradige Funktionseinschränkungen und Beschwerden nach einer Operation. Prof. E. geht insofern zutreffend von einer MdE von 20 v.H. aus. Denn die Klägerin leidet an einem Wurzelkompressionssyndrom seit Erstfeststellung des Bandscheibenvorfalles im Jahre 2003. Prof. L. hat dieses 2003 erstmals festgestellte Syndrom 2010 anlässlich einer weiteren Untersuchung bestätigt und die Klägerin hat im Senatstermin durch Vorlage des aktuellen Berichtes des Dr. Q., eines früheren Mitarbeiters des Prof. L., vom 17. Oktober 2013 das Fortbestehen des Wurzelkompressionssyndrom bei L5/S1 bei linksseitig teilsequestriertem Bandscheibenvorfall auch aktuell zweifelsfrei nachgewiesen. Der von Prof. E. in der ergänzenden Stellungnahme vom 7. August 2003 abschließend empfohlenen erneuten neurologischen Untersuchung, die auch die die Beklagte beratenden Chirurgin Dr. P. mit Stellungnahmen vom 18. April bzw. 15. Mai 2013 empfohlen hat, bedurfte es in Anbetracht des aktuellsten Berichtes des Dr. Q. nicht, der eine unveränderte Befundlage bei der Klägerin bestätigt hat, auf der Prof. E. seine MdE-Schätzung aufgebaut hatte. Da die Klägerin weitere Erkrankungen als BK-Folge weder geltend gemacht und auch nicht die Gewährung einer höheren Unfallrente begehrt hat, hatte der Senat nicht darüber zu befinden, ob die von Prof. E. bereits angesprochenen und im Bericht des Dr. Q. vom 17. Oktober 2003 bestätigten Blasen- und Mastdarmstörungen weitere Folgen der BK-Nr. 2108 darstellen und unter Umständen MdE-erhöhend Anerkennung finden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist und der Rechtsstreit ausgehend von einer gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts allein aufgrund der umfassend festgestellten Tatsachen zum arbeitstechnisch wie auch arbeitsmedizinischer Art zu entscheiden war.

Referenznummer:

R/R6277


Informationsstand: 14.08.2014