Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Klage ist nicht begründet. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte es mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt hat, den Kläger mit einem Elektromobil der begehrten 12- bzw 15
km/h-Version zu versorgen bzw ihm den Unterschiedsbetrag zwischen der bewilligten 6
km/h-Version und der begehrten Ausführung als Zuschuss zu leisten.
Der Kläger ist hierdurch nicht iS des § 54 Abs 2 S 1
SGG beschwert, denn die insoweit ablehnende Entscheidung der Beklagten ist nicht rechtswidrig. Der Kläger hat unter keinem ersichtlichen rechtlichen Gesichtspunkt gegenüber der Beklagten Anspruch auf Versorgung mit einem Elektromobil der 12- bzw 15
km/h-Version bzw der Bezuschussung der Anschaffungskosten für eine solche Ausführung. Diesbezüglich hat es dabei zu verbleiben, dass Elektromobile mit einer über 6
km/h hinausgehenden Geschwindigkeit keine Gegenstände der Hilfsmittelversorgung darstellen, für die die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung einzustehen hätte.
Nach
§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V iVm § 33 Abs 1 S1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Die letztgenannten Ausschlussgründe liegen bei der Versorgung mit einem Elektromobil ersichtlich nicht vor, ohne das dies einer weiteren Begründung bedarf. Im vorliegenden Fall soll die Versorgung mit einem leistungsstärkeren Elektromobil den Ausführungen des Klägers zufolge der Verbesserung und Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten des Hilfsmittels durch eine bessere Anpassung an seine körperlichen Gegebenheiten und sein Wohnumfeld dienen.
Insoweit hat der Kläger vorgetragen, dass er auf Grund seines Körpergewichtes nur mit einem Elektromobil der 12- bzw 15
km/h-Version in die Lage versetzt werde, Bordsteinkanten sowie in seinem Wohngebiet anfallende Steigungen zu überwinden. Es geht daher hier um die Frage eines Behinderungsausgleichs, der von der 3. Alternative des § 33 Abs 1 S 1
SGB V erfaßt wird. Gegenstand des Behinderungsausgleichs sind zunächst solche Hilfsmittel, die auf den Ausgleich der Behinderung selbst gerichtet sind, also zum unmittelbaren Ersatz der ausgefallenen Funktionen dienen. Im Falle des Kläger ist die Funktion des eigenständigen Gehens weitgehend ausgefallen, so dass ua das Elektromobil der selbstständigen Fortbewegung dient. Der ihr obliegenden Verpflichtung, den Kläger im Wege eines Sachleistungsanspruchs mit einem Hilfsmittel zu versorgen, das die Funktion des Gehens ersetzt, ist die Beklagte mit der zugesagten Zuverfügungstellung eines Elektromobils in der 6
km/h-Version hinreichend nachgekommen. Mit der bewilligten Versorgung hat die Krankenkasse ihre Leistungspflicht zur Schaffung eines so genannten Basisausgleichs erfüllt. Ein darüber hinausgehender Leistungsanspruch auf eine leistungsstärkere Versorgung besteht nach Maßgabe der Rechtsprechung ausdrücklich nicht. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf abzustellen, dass ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung nur dann erforderlich ist, wenn sein Einsatz der Sicherstellung eines allgemeinen Grundbedürfnisses dient.
Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens umfasst. (Vgl hierzu:
BSG in SozR 3-2500 § 33
SGB V Nr 32 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung) Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe des von der Krankenkasse gelieferten Hilfsmittels wieder aufschließen soll. Eine über die Befriedigung eines solchen Grundbedürfnisses hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungsträger. (Vgl hierzu:
BSG in SozR 3-2500 § 33
SGB V Nr 29).
Es geht daher um die Frage, ob das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs die Kasse verpflichtet, einen gehbehinderten Menschen mit einem leistungsstärkeren Elektromobil auszurüsten, um auf diese Weise seine Bewegungsfreiheit über den Bereich hinaus zu erweitern, den er sich zB mit einem Aktivrollstuhl oder einem Schieberollstuhl von seiner Wohnung aus erschließen könnte, um ggf auch weiter entfernte Ziele leichter aufsuchen zu können. Der Kläger hat indessen nach Maßgabe der Rechtsprechung nur Anspruch auf solche Hilfsmittel, die seinem Grundbedürfnis nach Bewegungsfreiheit iS des genannten Basisausgleichs dienen.
Diesen Zweck erfüllt das Elektromobil in der Standardausführung der 6
km/h-Version bereits ausreichend. Denn die Versicherten haben keinen Anspruch auf eine besonders schnelle Fortbewegungsmöglichkeit hinsichtlich der zurückzulegenden Entfernungen, die sich etwa an der Schnelligkeit bei der Fortbewegung an einem Radfahrer orientiert.
(Vgl hierzu: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.01. 2002, Aktenzeichen:
L 4 KR 12/01 sowie Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.08.2004, Aktenzeichen:
L 11 KR 72/04.)
Vergleichend ist vielmehr ein Fußgänger heranzuziehen, dessen Tempo beim Zurücklegen eines Weges üblicherweise 6
km/h nicht überschreitet. Das Gericht verkennt nicht, dass das stärker motorisierte Elektromobil eine größere Bewegungsfreiheit bietet; der verständliche Wunsch des Klägers, sich hierdurch einen größeren Bewegungsradius zu erschließen, ist für das Gericht nachvollziehbar, er zählt jedoch nicht zu den Grundbedürfnissen, die die Krankenkasse durch entsprechende Hilfsmittel ausgleichen muss. Demgegenüber ist nicht schlüssig dargetan, dass der Kläger zwingend einer leistungsstärkeren Version bedarf. Das Gericht geht auch davon aus, dass das bewilligte Elektromobil für den Kläger geeignet ist. Denn nach den vorliegenden Produktinformationen ist das bewilligte Elektromobil der 6
km/h-Version zur Bewältigung von Steigungen von 25 bzw 20 % bei einem Körpergewicht von 155 bzw 150
kg ausgelegt. Soweit der Kläger diese Angaben in Abrede stellt, ist dies nicht nachvollziehbar, zumal diese Angaben auf einer Überprüfung durch den
TÜV beruhen und Eingang in das Hilfsmittelverzeichnis gefunden haben. Überdies sind nach Maßgabe der Rechtsprechung Besonderheiten des Wohnortes, zB eine hügelige Gegend, für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich und können demgemäß bei der Hilfsmittelversorgung nicht berücksichtigt werden. (Vgl hierzu: Urteil des
BSG vom 10.10.2000, Az:
B 3 KR 29/99 R).
Soweit der Kläger Schwierigkeiten beim Überwinden von Bordsteinkanten angibt, ist dem entgegenzuhalten, dass Bordsteinkanten den Erfahrungen der Kammer zufolge zumindest im städtischen Bereich abgesenkt sind, so dass sie keine unüberwindlichen Hindernisse darstellen dürften. Soweit dies für die Wohngegend des Klägers nicht zutreffen sollte, ist er auf die Inanspruchnahme des ihm zur Verfügung stehenden Kraftfahrzeuges zu verweisen. Mit dem allgemeinen Grundbedürfnis, selbstständig zu gehen, kann der Anspruch mithin nicht begründet werden.
Dieses Grundbedürfnis kann nämlich nicht dahin verstanden werden, dass die Krankenkasse einen Behinderten durch die Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage versetzen muss, Wegstrecken jeder Art und Länge zurückzulegen, die eine Nichtbehinderter bei normalem Gehen zu Fuß bewältigen kann. Auch hier ist zu beachten, dass die gesetzliche Krankenversicherung bei dem Verlust der Gehfähigkeit nur für einen Basisausgleich zu sorgen hat. Zu den insoweit maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens gehört jedoch nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang an die frische Luft zu kommen oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind.
In diesem Sinne ist die in den früheren Entscheidungen des
BSG verwandte Formulierung zu verstehen, es sei auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Ein über den vorgenannten Rahmen hinausgehendes Bedürfnis "zu gehen" kann nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden. Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall die Stellen der Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung liegen, also dafür längere Strecken zurückzulegen sind, die die Kräfte eines Rollstuhlfahrers bzw die Kapazitäten eines Elektromobils der Standardvariante möglicherweise übersteigen.
Auch das Grundbedürfnis der Erschließung eines "gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur iS eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht iS des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines Gesunden verstanden. Auch der Umstand, dass der Kläger das bewilligte Elektromobil der 6
km/h-Version möglicherweise bei längeren oder schwierigeren Wegstrecken, so zB bei erheblichen Steigungen, nicht angemessen nutzen kann, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn das Elektromobil dient nur der Fortbewegung im unmittelbaren Nahbereich entsprechend den vom
BSG in seinen Urteilen vom 08.06.1994, Aktenzeichen
3/1 RK 13/93 und vom 16. 09.1999, Az 3 RK 8/98, entwickelten Grundsätzen, denen zufolge bei der Gewährung von Mobilitätshilfen lediglich auf die Entfernungen abzustellen ist, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt bzw die erforderlich sind, um die Anforderungen des Alltagslebens zu meistern. Da es insoweit auf die besonderen Verhältnisse am Wohnort nicht ankommt, sind das Wohnumfeld des Klägers, seine individuellen Wohnverhältnisse und die von ihm konkret zurückzulegenden Wegstrecken in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Demzufolge kommt zum Ausgleich einer Gehbehinderung bzw des Verlustes der Gehfähigkeit lediglich die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl bzw Elektromobil in der 6
km/h-Version zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht.
Soweit der Kläger hilfsweise die Gewährung eines Zuschusses in Höhe des von der Beklagten bewilligten Elektromobils in der 6
km/h-Version zu den Anschaffungskosten eines Elektromobils in der 12- bzw 15
km/h-Version begehrt, so findet sich hierfür im geltenden Recht keine Anspruchsgrundlage. Eine Bezuschussung muß vorliegend bereits deshalb ausscheiden, weil ein Elektromobil in der 12- bzw 15
km/h-Version nicht mehr dem Hilfsmittelbegriff unterfällt, wie er für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gilt. Als Hilfsmittel zum Ausgleich der ausgefallenen Funktion des Gehens können nur solche mit einer Höchstgeschwindigkeit von 6
km/h angesehen werden, wie oben anhand der zitierten Rechtsprechung dargelegt. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Umwandlung des Sachleistungsanspruchs auf Versorgung mit einem Elektromobil der 6
km/h-Version in einen Anspruch auf Bezuschussung der für die Anschaffung einer leistungsstärkeren Variante anfallenden Kosten, die nicht mehr dem Hilfsmittelbegriff der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Denn insoweit handelt es sich bei den leistungsstärkeren Modellen nicht etwa um eine höherwertige Versorgung, deren Mehrkosten nach
§ 31 Abs 3 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX) vom Kläger zu tragen wären. Bei den Elektromobilen der leistungsstärkeren Varianten handelt es sich vielmehr um eine andersartige Versorgung, wie zB auch durch die Notwendigkeit einer gesonderten Haftpflichtversicherung belegt wird.
Eine Zuschussgewährung zu einem nicht mehr als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung zu qualifizierenden Hilfsmittel muss von daher ausscheiden.
Nach alledem kann die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193
SGG.