Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) beschwert, weil sie rechtmäßig sind. Sie hat keinen Anspruch auf eine Versorgung mit einem Elektrorollstuhl.
Nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) haben Versicherte Anspruch unter anderem auf Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach
§ 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der begehrte Elektorollstuhl ist nicht durch die gemäß § 34
Abs. 4
SGB V erlassene "Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis der Gesetzlichen Krankenversicherung" ausgeschlossen. Auch handelt es sich dabei nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Unter diesen Begriff fallen nur Gegenstände, die allgemein im täglichen Leben verwendet werden. Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend genutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Ein Elektrorollstuhl kommt für Gesunde nicht in Betracht. Die Klägerin kann unstreitig auch verlangen, dass die bei ihr vorhandenen Behinderungen ausgeglichen werden. Sie hat damit einen Anspruch auf Gewährung von Hilfsmitteln, die zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt werden. Zu diesen allgemeinen Grundbedürfnissen gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mithilfe des von der Krankenkasse gelieferten Hilfsmittels wieder aufschließen soll (Bundessozialgericht, Urteil vom 07.03.1990,
3 RK 15/89 - Einmalwindeln; Urteil vom 08.06.1994,
3/1 RK 13/93 - Rollstuhlboy; Urteil vom 25.01.1995,
3/1 RK 63/93 - Krankenbett; Urteil vom 12.08.2009,
B 3 KR 8/08 R - Elektrorollstuhl).
Dabei ist das Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Folgen der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines Gesunden verstanden. So hat das Bundessozialgericht zwar die Bewegungsfreiheit als allgemeines Grundbedürfnis bejaht, dabei aber nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein gesunder Mensch üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt (Bundessozialgericht, Urteil vom 08.06.1994, 3/1 RK 13/93 - Rollstuhlboy). Später ist dies dahingehend präzisiert worden, sich in der eigenen Wohnung bewegen und die Wohnung verlassen zu können, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen (
z.B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post) zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.09.1999,
B 3 KR 8/98 R - Rollstuhl-Bike für Erwachsene; Urteil vom 12.08.2009, B 3 KR 8/08 R - Elektrorollstuhl).
Bei der Klägerin sind aufgrund einer traumatischen Oberschenkelamputation links bei Zustand nach Verkehrsunfall, Hüftgelenkverschleiß und Wirbelsäulenverschleiß insbesondere die körperliche Grundfunktion des Gehens und Stehens eingeschränkt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich zum einen aus dem Gutachten des
TÜV Rheinland sowie aus den eingeholten Befundberichten des behandelnden Orthopäden
Dr. X. und des Allgemeinmediziners
Dr. P ... Zum Ausgleich dieser Behinderungen ist ein Rollstuhl zweifelsohne erforderlich. Bei der Versorgung mit dem begehrten Elekrorollstuhl ist aber zusätzlich zu berücksichtigen, dass gewährleistet sein muss, dass die Klägerin mit diesem Hilfsmittel bestimmungsgemäß umgehen kann (
vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.08.2009, B 3 KR 8/08 R - Elektrorollstuhl). Das heißt, die Klägerin müsste in der Lage sein, die Technik des Fahrens mit einem solchen Rollstuhl zu beherrschen, aber darüber hinaus auch die Straßenverkehrsregeln insoweit einzuhalten, als sie für das Fahren mit einem führerscheinfreien Fahrzeug gelten (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 14.01.2010,
L 4 KR 189/09). Dies ist bei der Klägerin nicht gegeben, wie sich zur Überzeugung der Kammer sowohl aus dem 2008 eingeholten
TÜV Gutachten als auch den aktuell eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte
Dr. X. und
Dr. P. und nicht zuletzt dem persönlichen Eindruck der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergibt. Die Klägerin leidet unter gravierenden Mängeln hinsichtlich der Aufmerksamkeit, der Orientierungsfähigkeit und der Konzentrationsfähigkeit. Ihre psychomotorischen Abläufe sind deutlich verlangsamt. Daneben leidet sie auch unter Schwerhörigkeit, wovon sich auch die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte. Die Kammer teilt vor diesem Hintergrund die Auffassung, dass es der Klägerin auch wegen dieser Schwerhörigkeit schwer fällt, den Straßenverkehr ordnungsgemäß wahrzunehmen. Sie erachtet auch die Schilderung des
Dr. P. für nachvollziehbar, der darauf hinweist, dass die Klägerin häufig die Straße ohne Berücksichtigung des vorhandenen Straßenverkehrs quert.
Dr. X. berichtet zusätzlich von einer Visusbeeinträchtigung bei der Klägerin. Auch er hält - beeinflusst durch die begleitende Opiat-Medikation - die psychische und physische Leistungsfähigkeit der Klägerin für beeinträchtigt. Dies alles korrespondiert mit den mehrfachen Unfällen der Klägerin, die diese mit dem ihr bislang überlassenen Elektrorollstuhl erlitten hat und den hieraus resultierenden zahlreich angefallenen Reparaturen. Es steht nach alledem zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Gesamtheit der körperlichen und psycho-physischen Beeinträchtigungen die Klägerin auch aktuell daran hindern, einen Elektrorollstuhl sicher zu führen. Die begehrte Versorgung mit einem solchen Hilfsmittel kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193
SGG.