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Urteil
Fahrerlaubnispflicht eines sog. motorisierten Krankenfahrstuhls

Gericht:

VG Saarlouis


Aktenzeichen:

10 K 242/09


Urteil vom:

27.05.2010


Leitsätze:

Der Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung des § 76 Nr. 2 FeV, der maschinell angetriebene Krankenfahrstühle früheren Rechts von der Fahrerlaubnispflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV ausnimmt, sofern sie bis zum 30.06.1999 erstmals in den Verkehr gekommen sind und durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen benutzt werden, ist ausschließlich auf die auch nach früherem Recht zum Führen entsprechender Kraftfahrzeuge allein berechtigten Inhaber einer Prüfbescheinigung für motorisierte Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 1 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung beschränkt.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Rechtsprechungsdatenbank Saarland

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sie zum Führen des Kraftfahrzeuges "Agora" des Typs CE 8 des Fahrzeugherstellers ... im öffentlichen Straßenverkehr keiner Fahrerlaubnis bedarf.

Die am … 1956 geborene Klägerin ist schwerbehindert. Sie ist im Besitz eines seit 01.01.2001 gültigen Schwerbehindertenausweises, der einen Grad der Behinderung von 80 ausweist und das Merkzeichen "RF" enthält.

Bei dem von der Klägerin 2008 käuflich erworbenen Kraftfahrzeug handelt es sich um ein benzinbetriebenes Sonderkraftfahrzeug Krankenfahrstuhl, das über zwei Sitzplätze verfügt und eine Sitzbreite von insgesamt 137,5 cm sowie ein Leergewicht von 285 kg aufweist; die Höchstgeschwindigkeit beträgt 25 km/h. Die Betriebserlaubnis für das Kraftfahrzeug wurde gemäß § 21 StVZO am 23.02.1999 vom Landratsamt Passau erteilt.

Am 10.10.2008 geriet die Klägerin mit ihrem Sonderkraftfahrzeug in eine Polizeikontrolle, woraufhin gegen sie ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG eingeleitet worden war. Dieses Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken am 07.01.2009 gemäß § 153 Abs. 1 StPO wegen geringer Schuld und mangels öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung eingestellt; zugleich wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine solche Verfahrenseinstellung im Wiederholungsfalle grundsätzlich nicht mehr erfolgen werde.

Daraufhin beantragte die Klägerin mit an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 04.02.2009 die Feststellung, dass sie zum Führen ihres Kraftfahrzeuges auf öffentlichen Straßen keiner Fahrerlaubnis bedürfe. Hierzu führte die Klägerin an, sie habe aufgrund des Vorfalls vom 10.10.2008 und des sich daran anschließenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten Feststellung. Durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 153 Abs. 1 StPO sei der Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht ausgeräumt worden. Zudem sei sie darauf hingewiesen worden, dass im Wiederholungsfalle eine Verfahrenseinstellung nicht mehr in Betracht komme. Sie sei allerdings der Ansicht, dass sie ihr Kraftfahrzeug auch ohne Fahrerlaubnis führen dürfte. Dies ergebe sich aus den zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges am 23.02.1999 maßgeblichen Regelungen der Fahrerlaubnis-Verordnung. Danach seien von der grundsätzlich bestehenden Fahrerlaubnispflicht ausgenommen nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem Sitz, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h. Nach der Übergangsvorschrift des § 76 Nr. 2 FeV in der damals geltenden Fassung sei zudem bestimmt worden, dass als solche von der Fahrerlaubnispflicht befreite, sog. motorisierte Krankenfahrstühle auch nach Bauart zum Gebrauch durch gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 km/h gelten würden, sofern sie bis zum 30.06.1999 erstmals in Verkehr gekommen seien und durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen benutzt würden. Diese Regelungen enthielten ungeachtet der zwischenzeitlich neu gefassten Fahrerlaubnis-Verordnung für Altfälle der vorliegenden Art Bestandschutz. Sie sei daher unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2002 (3 C 39.01) auch ohne körperliche Gebrechlichkeit oder einschlägige Behinderung befugt, ihr Kraftfahrzeug ohne Fahrerlaubnis zu führen.

Mit Schreiben vom 12.03.2009 teilte der Beklagte der Klägerin unverbindlich mit, dass das besagte Kraftfahrzeug von ihr ohne Fahrerlaubnis nur geführt werden dürfe, wenn sie im Besitz einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle sei.

Am 30.03.2009 reichte die Klägerin daraufhin einen von ihrem Prozessbevollmächtigten bereits unterschriebenen Klageentwurf vom 24.03.2009 bei Gericht ein, in dem sie zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt hat.

Nachdem das Gericht der Klägerin mit Beschluss vom 22.12.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.04.2010 klar, dass ihr Klageentwurf vom 24.03.2009 nunmehr als Klage gelten solle.

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin ergänzend zu ihrem außergerichtlichen Vorbringen geltend, dass die Mitteilung des Beklagten vom 12.03.2009, wonach sie das Fahrzeug ohne Fahrerlaubnis nur führen dürfe, wenn sie im Besitz einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle sei, einer Verweigerung der Fahrerlaubniserteilung gleichkomme. Eine solche Prüfbescheinigung sei nur in den Jahren 1999 bis 2002 ausgestellt worden und könne nachträglich nicht mehr erteilt werden. Überdies sei zwischenzeitlich gegen sie erneut ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eingeleitet worden, das von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken am 25.11.2009 lediglich im Hinblick auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren gemäß § 154 d StPO vorläufig eingestellt worden sei.


Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass sie auch ohne Fahrerlaubnis das Kraftfahrzeug "Agora" des Typs CE 8 des Fahrzeugherstellers ... im öffentlichen Straßenverkehr führen darf.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Klägerin für die von ihr beabsichtigte Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwGO das erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Zudem sei das Kraftfahrzeug der Klägerin kein motorisierter Krankenfahrstuhl im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV, so dass sie zwingend einer Fahrerlaubnis bedürfe, wenn sie damit im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sei. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV bedürfe derjenige, der auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führe, der Fahrerlaubnis. Ausgenommen davon seien nach Satz 2 Nr. 2 der Vorschrift lediglich motorisierte Krankenfahrstühle, d.h. einsitzige, nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit Elektroantrieb, einer Leermasse von nicht mehr als 300 kg einschließlich Batterien jedoch ohne Fahrer, einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 500 kg, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 15 km/h und einer Breite über alles von maximal 110 cm. Einen solchen motorisierten Krankenfahrstuhl stelle das Kraftfahrzeug der Klägerin schon deshalb nicht dar, weil es über zwei Sitze verfüge und mit einem benzinbetriebenen Otto-Motor versehen sei. Zwar bestimme die Übergangsvorschrift in § 76 Nr. 2 FeV für motorisierte Krankenfahrstühle nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV, dass Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 4 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung berechtigt seien, auch motorisierte Krankenfahrstühle mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung und nach § 76 Nr. 2 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung zu führen. Auf die Übergangsvorschrift in § 76 Nr. 2 FeV könne sich die Klägerin indes nicht berufen, da sie nicht Inhaberin einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 4 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsunterlagen des Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage, mit der die Klägerin die Feststellung begehrt, auch ohne Fahrerlaubnis das Kraftfahrzeug "Agora" des Typs CE 8 des Fahrzeugherstellers ... im Straßenverkehr führen zu dürfen, ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Klägerin macht mit ihrem Klagebegehren in zulässiger Weise das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, nämlich die erlaubnisfreie Fahrberechtigung für ihr Sonderkraftfahrzeug, geltend.

Der Klägerin steht auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Seite. Dafür genügt jedes nach vernünftigen Erwägungen nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art. Ein solches Feststellungsinteresse ist vorliegend sowohl im Hinblick darauf gegeben, dass der Beklagte die erlaubnisfreie Fahrberechtigung der Klägerin für ihr Kraftfahrzeug bestreitet, als auch wegen der Besorgnis einer weiteren Gefährdung der Rechte der Klägerin gegeben. Ohne die begehrte Feststellung muss die Klägerin nämlich auch zukünftig weitere staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG befürchten.

Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist in der Sache jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Feststellung. Sie ist beim Führen ihres Kraftfahrzeuges "Agora" des Typs CE 8 des Fahrzeugherstellers ... im öffentlichen Straßenverkehr weder nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 noch nach § 76 Nr. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - von der Fahrerlaubnispflicht ausgenommen und bedarf daher einer Fahrerlaubnis der Klasse B.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FeV in der seit 25.07.2009 geltenden Fassung bedarf, wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, der Fahrerlaubnis. Ausgenommen von der Fahrerlaubnispflicht sind unter anderem nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 dieser Vorschrift einsitzige, nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit Elektroantrieb, einer Leermasse von nicht mehr als 300 kg einschließlich Batterien jedoch ohne Fahrer, einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 500 kg, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 15 km/h und einer Breite über alles von maximal 110 cm (motorisierte Krankenfahrstühle).

Um einen solchen, von der Fahrerlaubnispflicht ausgenommenen motorisierten Krankenfahrstuhl handelt es sich bei dem Kraftfahrzeug der Klägerin nicht. Dieses ist ausweislich des vom RWTÜV erstellten Gutachtens vom 16.02.1999 mit zwei Sitzplätzen ausgestattet und misst in der Breite 137,5 cm. Zudem beträgt die Höchstgeschwindigkeit des Kraftfahrzeuges 25 km/h und wird es mit einem Otto-Motor betrieben. Damit unterfällt das Kraftfahrzeug der Klägerin unzweifelhaft nicht der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Übergangsregelung in § 76 Nr. 2 FeV berufen.

Diese Regelung bestimmt für die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 2 FeV (Krankenfahrstühle) unter anderem, dass Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 4 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung berechtigt sind, motorisierte Krankenfahrstühle mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung und nach § 76 Nr. 2 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung zu führen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung waren von der Fahrerlaubnispflicht ausgenommen "nach der Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit einem Sitz, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h (motorisierte Krankenfahrstühle)". Gemäß der Übergangsregelung des § 76 Nr. 2 a) FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung galten als motorisierte Krankenfahrstühle zudem "nach Bauart zum Gebrauch durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit höchstens zwei Sitzen, einem Leergewicht von nicht mehr als 300 kg und einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 30 km/h (maschinell angetriebene Krankenfahrstühle früheren Rechts), wenn sie bis zum 30.06.1999 erstmals in den Verkehr gekommen sind und durch körperlich gebrechliche oder behinderte Personen benutzt werden". § 76 Nr. 2 FeV erweitert die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV, indem auch ein zweisitziger Krankenfahrstuhl, wie derjenige der Klägerin, mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h fahrerlaubnisfrei ist, sofern er vor dem 30.06.1999 in den Verkehr gekommen ist und von einer körperlich gebrechlichen oder behinderten Person benutzt wird, allerdings nur für den Fall, dass die betreffende Person Inhaber einer Prüfbescheinigung für Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 4 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung ist.

Vgl. dazu auch Huppertz, Fahrerlaubnisfreie motorisierte Krankenfahrstühle, NZV 2003, 460

Da die Klägerin eine solche Prüfbescheinigung für motorisierte Krankenfahrstühle nicht besitzt und der Erwerb einer solchen aufgrund der durch die Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (FeVÄndV) vom 07.08.2002

BGB I, Seite 3267,

erfolgten Änderungen in § 4 und § 5 FeV seit dem 01.09.2002 nicht mehr möglich ist, ist ihr hiernach auch die fahrerlaubnisfreie Benutzung ihres Fahrzeuges nicht gewährt.

Auf Bestandschutzgesichtspunkte kann sich die Klägerin hinsichtlich ihres Kraftfahrzeuges nicht berufen. Die nach früherem Recht scheinbar umfassende Fahrerlaubnisfreiheit solcher Kraftfahrzeuge war nämlich dadurch in gewisser Weise eingeschränkt, dass derjenige, der einen motorisierten Krankenfahrstuhl mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 10 km/h führen wollte, nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung in einer Prüfung ausreichende Kenntnisse der Straßenverkehrsregeln und das Vertrautsein mit den Gefahren des Straßenverkehrs nachgewiesen haben musste.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31.01.2002 - 3 C 39.01 -, NJW 2002, 2335

Der rechtmäßige Gebrauch entsprechender Kraftfahrzeuge war daher lediglich Personen vorbehalten, die über eine solche Prüfbescheinigung verfügten. Folgerichtig ist der Anwendungsbereich der Übergangsbestimmung des § 76 Nr. 2 FeV ausschließlich auf die auch nach früherem Recht zum Führen entsprechender Kraftfahrzeuge allein berechtigten Inhaber einer solchen Prüfbescheinigung für motorisierte Kraftfahrstühle nach § 5 Abs. 1 FeV in der bis zum 01.09.2002 geltenden Fassung beschränkt worden.

Vgl. dazu auch die amtliche Begründung zur Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (FeVÄndV), BR-Drs. 497/02 vom 31.05.2002, S. 57 und 60

Die von der Klägerin im gegebenen Zusammenhang angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit

Urteil vom 31.01.2002, 3 C 39.01, a. a. O.,

rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese Entscheidung betrifft eine mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Sachverhaltskonstellation, in der es streitentscheidend um die Frage ging, ob die Fahrerlaubnisfreiheit des motorisierten Krankenfahrstuhls gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV a. F. davon abhängt, ob der Führer körperlich behindert oder gebrechlich ist, und die das Bundesverwaltungsgericht dahingehend beantwortet hat, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV a. F. lediglich erfordere, dass das Fahrzeug für die Benutzung durch Gebrechliche oder körperlich Behinderte geeignet ist. Zu der vorliegend entscheidungserheblichen Frage, ob motorisierte Krankenfahrstühle gemäß § 76 Nr. 2 FeV a. F. entsprechend den bisherigen Regelungen auch von Personen weiterhin geführt werden dürfen, die nicht im Besitz der Prüfbescheinigung für motorisierte Krankenfahrstühle nach § 5 Abs. 1 FeV a. F. sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht in der vorgenannten Entscheidung indes nicht geäußert.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird in Anwendung von §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Referenznummer:

R/R4629


Informationsstand: 18.10.2010