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Praxisbeispiel Ausbildung und Beschäftigung beim Printmedienbetrieb SP Medienservice

Wo lag die Herausforderung?

Im Rahmen der Einstellung von Fachkräften sowie Auszubildenden mit einer Hörschädigung muss zuerst ermittelt werden, ob eine Eignung und Neigung für den Job oder die Ausbildung vorliegt. Außerdem müssen die Einschränkungen in Bezug auf die Kommunikation und Wahrnehmung von Signalen an den Maschinen ausgeglichen werden.

Was wurde gemacht?

Zum Kennenlernen des Jobs und Feststellung der Eignung absolvieren alle Kandidatinnen und Kandidaten zunächst ein Praktikum. Die Wahrnehmungseinschränkungen können durch Hilfsmittel (z. B. zur optische Signalanzeigen) oder bestimmte Kommunikationsformen, wie das Nutzen der Gebärdensprache, kompensiert werden. Dies wird möglich, da aufgrund der Erfahrungen und Zusammenarbeit auch hörende Beschäftigte und der Firmeninhaber mittlerweile Grundgebärden beherrschen.

Schlagworte und weitere Informationen

Das Unternehmen erhielt vom Integrations- beziehungsweise Inklusionsamt eine Förderung zur Anschaffung von Maschinen für die Arbeitsplätze der Beschäftigen mit einer Hörschädigung. Außerdem erhielt es für einige Auszubildende eine Einstellprämie aus Mitteln eines NRW-Sonderprogramms und von der Arbeitsagentur einen Ausbildungszuschuss als Eingliederungszuschuss.
In REHADAT finden Sie auch die Kontaktdaten der Arbeitsagenturen, Integrations- beziehungsweise Inklusionsämter, Gebärdensprachdolmetscherinnen sowie Gebärdensprachdolmetscher und Sonderförderprogramme des Bundes und der Länder.

Unternehmen:

Das Unternehmen SP Medienservice wurde 1991 gegründet. Zur Angebotspalette gehören die Bereiche Internet (Webdesign), Grafik und Druck. Das Unternehmen beschäftigt festangestellte Fachkräfte und Auszubildende. Von den Auszubildenden hat der überwiegende Teil und von den Fachkräften nur ein geringer Teil eine Hörschädigung. Die Bereitschaft zur Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit einer Hörschädigung basiert auf den guten Erfahrungen des Firmeninhabers. So kann er sich beispielsweise besonders auf die Einsatzbereitschaft sowie quantitative und qualitative Arbeitsleistung seiner Beschäftigten mit einer Hörschädigung verlassen. Dazu zählen auch die Azubis, die fest in die täglichen Abläufe bzw. Bearbeitung der Aufträge integriert sind.
Die Jugendlichen mit einer Hörschädigung wurden sorgfältig vom Firmeninhaber gemeinsam mit dem Integrationsfachdienst (IFD) ausgewählt, damit sie den Anforderungen des Unternehmens sowie des Ausbildungsberufes entsprechend ins Team passen. Nach Aussage des Firmeninhabers sind die Azubis mit einer Hörschädigung meist motivierter und qualifizierter als die üblichen Jugendlichen mit einem identischen Schulabschluss. So hätten seine Azubis mit einem Hauptschulabschluss, ohne ihre behinderungsbedingten Einschränkungen, sicherlich höhere Bildungsabschlüsse erreichen können. Zwar gibt es solche Ausnahmen, doch grundsätzlich konnte er feststellen, dass die Kenntnisse der deutschen Sprache oft sehr schlecht sind. Nach seiner Meinung ist der Grund dafür die Vermittlung der Lerninhalte in den Schulen für Menschen mit einer Hörschädigung, die überwiegend in Gebärdensprache erfolgt. So sei es ihm aufgrund der sprachlichen bzw. schriftlichen Mängel fast nicht möglich Auszubildende mit einer Gehörlosigkeit im Bereich der Mediengestaltung einzusetzen, obwohl dies ein sehr beliebter Ausbildungsberuf sei.
Generell stellt er die Eignung einer Bewerberin oder eines Bewerbers für einen Ausbildungsplatz in seinem Unternehmen mittels vorgeschaltetem Praktikum fest, da er so Neigungen, Motivation, Charakter usw. vorher besser im beruflichen Alltag beurteilen kann.
Neben den positiven Aspekten bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, die zu einem Mehrwert für das Unternehmen führen, ist es für den Firmeninhaber wichtig einen Beitrag zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu leisten.

Behinderung und Beeinträchtigung der Beschäftigten:

Die Beschäftigten mit einer Hörschädigung (Hörbehinderung oder Gehörlosigkeit) sind nur eingeschränkt oder nicht fähig akustische Informationen, z. B. Lautsprache und Signale, wahrzunehmen. Behinderungsbedingt müssen deshalb hörbare Informationen so verändert bzw. modifiziert werden, dass sie von den Beschäftigten durch Hilfsmittel (z. B. Hörgerät, Cochlea Implantat, Blitzlampe oder Vibrationsmelder) oder Gebärdensprache wahrgenommen werden können.

Ausbildung und Beruf:

Der erste Auszubildende mit einer Hörschädigung wurde nach einem Praktikum durch die Vermittlung des IFD eingestellt. Der Jugendliche schloss nach drei Jahren seine Buchbinderausbildung erfolgreich ab, wurde fest übernommen und ist heute als Abteilungsleiter der Buchbinderei auch an der Vermittlung der Ausbildungsinhalte beteiligt, da er komplexere Sachverhalte über die Gebärdensprache vermitteln kann. Zur Zeit bildet das Unternehmen im Bereich Mediengestaltung, Buchbindung und Druck aus. Die Auszubildenden mit einer Hörschädigung besuchen dabei die Berufsschule am Rheinisch-Westfälischen Berufskolleg Essen, da sie hier auch in Gebärdensprache unterrichtet werden können.
Um die behinderungsbedingten Nachteile bei der Zwischen- und Abschlussprüfung auszugleichen, kann ein Zeitzuschlag gewährt oder eine Gebärdensprachdolmetscherin bzw. ein Gebärdensprachdolmetscher zur Prüfungsanpassung eingesetzt werden. Dies muss allerdings vorher bei der zuständigen Kammer beantragt werden.

Arbeitsplatz und Arbeitsorganisation:

Das Layout der Drucksachen wird von den Mediengestaltenden am PC entworfen. Anschließend erfolgt dann der Druck durch die Druckerinnen bzw. Drucker (Bild 1) und je nach Produkt das Zuschneiden, Falzen Leimen und Binden durch die Buchbinderinnen bzw. Buchbinder (Bild 2) an den vorhandenen Maschinen.
Da behinderungsbedingt von den Druckerinnen und Druckern mit Gehörlosigkeit der Signalton beim An- oder Auslaufen der Offsetdruckmaschine nicht wahrgenommen werden konnte, wurde an der Offsetdruckmaschine aus Arbeitsschutzgründen eine optische Rundum-Signalleuchte angebracht (Bild 3).
Zur Kommunikation mit den Beschäftigten mit Gehörlosigkeit haben sich der Firmeninhaber und die hörende Belegschaft, die für den betrieblichen Ablauf wichtigen Begriffe in Gebärdensprache angeeignet (Bild 4). Aufgrund des Geräuschpegels in der Druckerei ist die Gebärdensprache mittlerweile die übliche Verständigungsart zwischen allen Beschäftigten in der Maschinenhalle geworden.

Eingesetzte Hilfsmittel – Anzeigen der Produkte:

Schlagworte

ICF-Items

Assessments - Verfahren und Merkmale zur Analyse und Bewertung

  • ERGOS - Hören
  • ERGOS - Sprechen
  • IMBA - Arbeitssicherheit
  • IMBA - Arbeitszeit
  • IMBA - Gestik/Mimik
  • IMBA - Hören
  • IMBA - Lautabgabe/Sprechen
  • IMBA - Unfallgefährdung
  • MELBA - Sprechen

Referenznummer:

R/PB5456


Informationsstand: 25.07.2023