Leistungsarten und Leistungsträger
Für die technische Ausstattung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsumfeldes gibt es finanzielle Unterstützung, deren Höhe vom Einzelfall abhängt.
Dieser Artikel im Überblick:
Welche Leistungsarten gibt es im Zusammenhang mit Hilfsmitteln?
Die Förderleistungen sollen behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen im Arbeitsleben unterstützen. Die Hilfen zielen darauf ab, den Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu erhalten, die Erwerbsfähigkeit langfristig zu sichern und eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch präventive Maßnahmen zu verhindern.
Eine finanzielle Förderung für technische Hilfen kann daher aus präventiven Gründen bereits vor Eintritt einer Behinderung beantragt werden, wie zum Beispiel im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).
Gesetzliche Grundlage für Förderleistungen zur beruflichen Teilhabe bilden die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 49 und § 50 SGB IX), die von den Rehabilitationsträgern erbracht werden. Ergänzend fördern die Integrations-/Inklusionsämter im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben (§ 185 SGB IX, i. V. m. § 19 und § 26 SchwbAV) für Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung oder Gleichstellung.
Leistungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für technische Hilfen
Bei bestehender oder drohender Behinderung haben Beschäftigte und Auszubildende Anspruch auf Hilfsmittel oder technische Arbeitshilfen zur Sicherung ihrer beruflichen Teilhabe. Dabei handelt es sich in der Regel um personengebundene Produkte, die mitgeführt werden können, wie zum Beispiel Braillezeilen oder Arthrodesenstühle.
Hilfsmittel für die Berufsausübung
Beruflich notwendige Hilfsmittel (§ 49 Abs. 8 Nr. 4 SGB IX) sind medizinische Hilfsmittel wie Hörgeräte oder orthopädische Schuhe. Sie sind im beruflichen Kontext für die typischen Anforderungen einer bestimmten beruflichen Tätigkeit (zum Beispiel ein spezielles Hörgerät für eine Lehrkraft) oder zur Erhöhung der Arbeitssicherheit erforderlich. Die Förderung schließt auch notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung, die Ausbildung im Gebrauch, Wartungen und technische Kontrollen ein. Beruflich notwendige Hilfsmittel werden für anderweitige berufliche Tätigkeiten nicht benötigt und fallen daher nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Wann ist die Krankenversicherung zuständig?
Die gesetzliche Krankenversicherung ist für Hilfsmittel zum medizinischen Ausgleich einer Behinderung (siehe § 33 SGB V) zuständig, unabhängig davon, um welche Art der Berufsausübung es sich handelt und ob das Hilfsmittel ausschließlich am Arbeitsplatz benötigt wird. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört die Berufsausübung zu den elementaren Grundbedürfnissen des Menschen.
Beispiel
Orthopädische Arbeitssicherheitsschuhe für eine Lageristin oder einen Lagerist mit einer Fußbehinderung stellen eine Leistung zur beruflichen Teilhabe dar, während orthopädische Schuhe, die eine allgemeine Gehbehinderung im Alltag und Beruf ausgleichen sollen, als medizinische Leistung gelten.
Technische Arbeitshilfen
Technische Arbeitshilfen (§ 49 Abs. 8 Nr. 5 SGB IX, § 19 SchwbAV) umfassen im Gegensatz zu medizinischen Hilfsmitteln grundsätzlich jegliche Arbeitsmöbel, Fahrzeuge, Maschinen, Werkzeug oder Hard- und Software, die dazu dienen, behinderungsbedingte Nachteile bei der Ausführung der Arbeitstätigkeit auszugleichen. Dies können sowohl Sonderanfertigungen als auch handelsübliche Produkte sein, wie zum Beispiel Bildschirmlesegeräte, Einhandtastaturen, Gabelstapler mit niedrigem Einstieg oder spezielle Arbeitsschutzkleidung. Die Förderung kann bis zur vollen Höhe der Kosten erfolgen und umfasst die Erst- und Ersatzbeschaffung, Wartung, Instandhaltung sowie die Ausbildung im Gebrauch.
Kraftfahrzeughilfe
Für Menschen, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Beeinträchtigung dauerhaft auf ein Kraftfahrzeug für den Weg zum Arbeits- oder Ausbildungsplatz angewiesen sind und öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen können, gibt es die Kraftfahrzeughilfe (Kfz-Hilfe). Diese Leistungform umfasst unter anderem behinderungsbedingte Zusatzausstattungen wie Lenkradanpassungen oder Karosserieumbauten, Reparaturen sowie den Kauf eines Fahrzeuges. Die rechtliche Grundlage für die Kraftfahrzeughilfe bildet das SGB IX in Verbindung mit der Kraftfahrzeughilfeverordnung (KfzHV). In der Kraftfahrzeughilfeverordnung sind die Voraussetzungen, Antragstellung und der Leistungsumfang festgelegt.
Wohnungshilfe
Für Menschen, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Beeinträchtigung dauerhaft auf eine behinderungsgerechte Wohnung angewiesen sind und diese beruflich notwendig ist, gibt es die Wohnungshilfe. Dies kann zum Beispiel aufgrund eines Jobwechsels oder eines Umzugs in eine verkehrsgünstigere Wohnung der Fall sein. Zu den finanziellen Hilfen gehören bauliche Anpassungen wie der Küchenumbau oder der Bau oder Erwerb einer Immobilie. Ziel ist, Menschen mit Behinderungen einen barrierefreien und selbstständigen Zugang zu ihrem Arbeitsplatz zu ermöglichen.
Leistungen an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für technische Hilfen
Unternehmen, die Menschen mit Schwerbehinderung einstellen oder bereits beschäftigen, sind nach § 164 SGB IX verpflichtet, alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine behinderungsgerechte Beschäftigung zu ermöglichen und den Arbeitsplatz zu erhalten. Das bedeutet, dass Unternehmen die Kosten selbst tragen müssen, wenn die Veränderungen für sie wirtschaftlich zumutbar sind. Es gibt aber auch finanzielle Zuschüsse für die Ausstattung neuer oder bestehender Arbeits- und Ausbildungsplätze. Gefördert werden zum Beispiel Arbeitshilfen im Betrieb oder bauliche Maßnahmen zur Schaffung einer barrierefreien Arbeitsstätte wie geeignete Zugänge, Fluchtwege oder Sanitärräume.
Die wichtigsten Leistungsträger für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter/Inklusionsämter.
Auch Arbeitsplätze für befristet Beschäftigte und Teilzeitbeschäftigte mit Schwerbehinderung oder ihnen gleichgestellte Beschäftigte sind förderfähig (§ 156 SGB IX, § 26 SchwbAV).
Die Förderhöhe richtet sich nach dem Einzelfall und kann von folgenden Kriterien abhängen:
- Schwere der Beeinträchtigung des Menschen mit Behinderung
- Aktuelle Arbeitsmarktsituation (vor allem bei drohendem Arbeitsplatzverlust)
- Höhe der behinderungsbedingten Mehraufwendungen
- Höhe der Investitionskosten für erforderliche Ausstattungen
- Ausmaß der Leistungssteigerung oder Kostensenkung durch die Investition
- Leistungsfähigkeit des Unternehmens
- Größe des Unternehmens
- Erfüllung der Beschäftigungsquote
Hilfen für die behinderungsgerechte Ausstattung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können Zuschüsse für die behinderungsgerechte Gestaltung des Arbeits- oder Ausbildungsplatzes sowie der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte erhalten. Auch die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen für Menschen mit Schwerbehinderung, die mindestens 15 Stunden wöchentlich arbeiten können, ist förderfähig. Die finanziellen Hilfen können bis zur Höhe der Gesamtkosten erfolgen und umfassen die Erst- und Ersatzbeschaffung, Wartung, Reparatur sowie die Ausbildung im Umgang mit den geförderten Arbeitshilfen.
Bei der Förderung von behinderungsbedingten Maßnahmen, auch im Zusammenhang mit Investitionen im Rahmen einer Neueinstellung, ist zunächst die vorrangige Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers zu prüfen.
Investitionshilfen für neue Arbeits- und Ausbildungsplätze (nicht behinderungsbezogen)
Für die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes für einen Menschen mit Schwerbehinderung sind Zuschüsse oder Darlehen bis zur vollen Höhe der erforderlichen Kosten durch das Integrationsamt/Inklusionsamt möglich (siehe § 15 SchwbAV). Dies gilt sowohl für Neueinstellungen als auch für die Neuschaffung eines Ersatzarbeitsplatzes zur Vermeidung einer drohenden Kündigung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Investitionskosten sind zum Beispiel Kosten für Umbau- und Renovierungsmaßnahmen, für Möbel, Computer, Software oder neue Maschinen, die nicht behinderungsbedingt sind und auch bei der Einstellung von Menschen ohne Behinderungen anfallen würden.
Welcher Leistungsträger zahlt?
Das SGB IX regelt als Rahmengesetz die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen für die Erbringung von Leistungen zur beruflichen Teilhabe für alle Leistungsträger. Welcher Leistungsträger zuständig ist, richtet sich nach dem Sozialgesetzbuch, der Ursache der Behinderung (z. B. Arbeitsunfall) oder den individuellen Versicherungszeiten. Für eine erste Orientierung lassen sich die Leistungsträger wie folgt abgrenzen:
Rehabilitationsträger
Rehabilitationsträger (z. B. Bundesagentur für Arbeit, Rentenversicherung, Unfallversicherung) fördern Menschen mit Behinderungen oder drohender Behinderung, um ihnen einen Arbeitsplatz zu verschaffen oder ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Darüber hinaus gibt es für jeden Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX (z. B. Agentur für Arbeit, Rentenversicherung, Unfallversicherung) ein eigenes verbindliches Sozialgesetzbuch, welches die Leistungen konkretisiert. Versicherte haben einen Rechtsanspruch auf Rehabilitationsleistungen.
Integrationsämter/Inklusionsämter
Die Integrations-/Inklusionsämter erbringen Leistungen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe für anerkannte schwerbehinderte oder gleichgestellte Menschen und deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Als Behörde leisten sie immer nachrangig zu den Rehabilitationsträgern. Für die Integrationsämter/Inklusionsämter sind die Regelungen in der Schwerbehinderten-Ausgleichabgabeverordnung (SchwbAV) konkretisiert.
Die relevanten Rehabilitationsträger für die berufliche Teilhabe
Bundesagentur für Arbeit
Für Menschen mit Behinderungen, die arbeitssuchend sind und längerfristig geminderte Eingliederungsaussichten haben, ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig. Finanzierungsmöglichkeiten gibt es beispielsweise für die Berufsausbildung nach der Schule oder für die (Wieder-)Eingliederung nach Arbeitslosigkeit.
Im Rahmen der beruflichen Rehabilitation ist die Bundesagentur für Arbeit auch für erwerbsfähige Menschen mit Behinderungen zuständig, die Bürgergeld durch die Jobcenter erhalten, sofern kein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist (siehe SGB III).
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
Für die berufliche Wiedereingliederung bei Arbeits- und Wegeunfällen oder Berufskrankheiten sind die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig. Dazu zählen die nach Branchen gegliederten Berufsgenossenschaften, die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie die Unfallkassen. Die gesetzliche Unfallversicherung wird durch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber finanziert. Die Leistungen zur medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation sind in der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Prinzip „Alles aus einer Hand“ untrennbar miteinander verbunden.
Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
Hier gilt der Grundatz „Prävention vor Reha vor Rente“. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist, haben Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Förderleistungen sollen eine weitere Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit sowie ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verhindern und dazu beitragen, unter Umständen einen neuen Arbeitsplatz zu erlangen (siehe § 16 SGB VI i. V. m. § 49 SGB IX).
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn Versicherte die 15 Jahre Wartezeit erfüllt haben oder eine Erwerbsminderungsrente beziehen, wenn ohne diese Leistungen eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre oder wenn die Förderleistungen unmittelbar im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erforderlich sind, um die Rehabilitation erfolgreich abzuschließen (siehe § 11 SGB VI).
Träger der Sozialen Entschädigung
Anspruchsberechtigt sind Menschen mit einem gesundheitlichen Schaden, für die die Gemeinschaft eine besondere Verantwortung trägt. Zum Förderkreis zählen Opfer von Gewalttaten, Kriegsopfer beider Weltkriege, Zivildienstgeschädigte sowie Impfgeschädigte.
Das Recht der sozialen Entschädigung ist im SGB XIV geregelt (vormals Bundesversorgungsgesetz BVG). Mit der Reform Anfang 2024 wurden die ehemaligen Hauptfürsorgestellen in Träger der sozialen Entschädigung umbenannt.
Träger der öffentlichen Jugendhilfe
Kinder, Jugendliche und junge Volljährige bis 27 Jahre, die eine seelische Behinderung haben oder von einer Behinderung bedroht sind, haben Anspruch auf Eingliederungshilfe. Zuständig für die Leistungen sind im Wesentlichen die öffentlichen Jugendhilfeträger (Jugendämter) beziehungsweise die Kommunen (kreisfreie Städte, Landkreise), sofern kein anderer Träger zuständig ist (siehe § 86 SGB VIII, § 35 a SGB VIII).
Träger der Eingliederungshilfe
Menschen, die Sozialhilfe erhalten und körperlich, geistig oder seelisch wesentlich eingeschränkt sind, haben Anspruch auf Rehabilitationsleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe, sofern kein anderer Träger zuständig ist. Zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören auch Studentinnen und Studenten. Die Träger der Eingliederungshilfe werden von den Bundesländern bestimmt und können zum Beispiel die Städte, Landkreise, Landesämter oder Landschaftsverbände (NRW) sein (siehe § 111 SGB IX).
Integrationsämter / Inklusionsämter
Integrationsämter (in einigen Bundesländern: Inklusionsämter) unterstützen sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen im Rahmen der „begleitenden Hilfe im Arbeitsleben“ durch finanzielle Hilfen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe. Außerdem beraten und informieren sie zu allen Fragen der beruflichen Teilhabe (§ 185 SGB IX). Integrations-/Inklusionsämter erbringen nur Leistungen für Beschäftigte mit anerkannter Schwerbehinderung oder Gleichstellung, u. a. auch für Beamtinnen und Beamte sowie Selbstständige, für die kein Rehaträger zuständig ist. Sie leisten nachrangig zu den Rehabilitationsträgern und zu bestehenden Arbeitgeberpflichten.
Die gesetzlichen Bestimmungen sind in der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) näher geregelt . Art und Höhe der Leistung bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalles (§ 15 Abs. 2 SchwbAV). Leistungen sollen nur erbracht werden, wenn sich das Unternehmen in einem angemessenen Verhältnis an den Gesamtkosten beteiligt. Die Leistungen können als Darlehen oder Zuschuss bis zur vollen Höhe gewährt werden.
Die Leistungen des Integrations-/Inklusionsamtes sind je nach Länderregelung auf örtliche Fürsorgestellen übertragen.